~ Unverhofft kommt oft ~

Erik erwachte mit pochenden Kopfschmerzen und leichter Übelkeit. Beides Symptome, die er nur dann aufwies, wenn er zu viel getrunken hatte. Mist! Die Augen ließ er noch einen Moment lang geschlossen, ehe er sie öffnete - wobei er eher ins gedämpfte Morgenhell blinzelte. Ihm war warm und sein Hintern brannte. Moment! Warum tat ihm sein Hintern weh? Er versuchte, sich daran zu erinnern, was am Vorabend geschehen war. Nur langsam kehrte die Erinnerung wieder. Er hatte Trappi auf einer Party getroffen, zufällig, sie hatten getrunken, getanzt und - Eriks Herz setzte einen Schlag lang aus. Nein! Nein, nein, nein und nochmals nein! Das war nicht passiert. Panik schlich sich in jede Faser seines Körpers ein. Als er sich aus dem Bett schieben wollte, bemerkte er erst den Arm, der um ihn geschlungen war. Zudem war da ein warmer Körper hinter ihm. Erik schluckte und wandte sich vorsichtig um, ein stummes Stoßgebet gen Himmel schickend, dass dort nicht der Mann lag, den er vermutete. Doch sein Gebet wurde nicht erhört. Geschockt blickte er in das friedlich schlummernde Gesicht seines guten Freundes Trappi, mit dem er heute Nacht allem Anschein nach Sex gehabt hatte.
"Scheiße", brach es aus ihm heraus. Er hatte gerade absolut keine Ahnung, was er fühlen, denken oder tun sollte. Seine größte Sorge war die, dass Kevin aufwachen könnte. Wie er wohl reagieren würde? War Kevin überhaupt schwul oder bi? Erik hatte nicht den blassesten Schimmer.

Kevin wurde wach, weil jemand neben ihm fluchte. Er brummte, dreht sich noch mal auf seine andere Seite und kuschelte sich in seine Decke. Er legte seine Hände unter seinen Kopf, gähnte und schmatzte leise, hielt seine Augen geschlossen. Er hatte absolut keine lust aufzustehen oder wach zu werden. Die Eroberung seiner gestrigen Nacht schien schon wach zu sein, er spürte, wie die Matratze auf der anderen Seite sich bewegte. Er wollte jetzt nicht hinsehen welche schöne Frau das Glück gehabt hatte mit ihm nach Hause gehen zu dürfen, sein Hirn war vom Restalkohol noch ganz vernebelt. Doch trotzdem flackerten einige Bilder der gestrigen Nacht in ihm auf.
Erik und er tanzten. Erik und er tranken. Erik und er lagen in einem Bett. Nackt.
Er stöhnte, hielt sich den Kopf. Warum spielte sein Kopf ihm solche Streiche? Er atmete tief ein und aus, es roch nach Sex, Schweiß, Alkohol. Auch schaler Zigarettenrauch mischte sich in den Mief der Nacht und, er schnüffelte kurz, ein ziemlich gutes Aftershave. Aber es war nicht sein Aftershave. Er tastete vorsichtig nach dem Körper neben sich, linste durch einen Spalt seiner nun doch leicht geöffneten Augen. Kurze, dunkle Haare, keine Brüste. Armmuskeln. "Scheiße." nuschelte er, zog sich die Bettdecke über den Kopf. Nein, nein, nein, das konnte doch nicht wahr sein.

Erik rührte sich keinen müden Millimeter, als Kevin sich neben ihm zu bewegen begann. Verflucht! Anscheinend hatte er ihn mit seinem Gefluche geweckt. Hoffentlich würde der Torwart einfach wieder die Augen schließen und seelig weiterschlummern. Dann könnte er sich in dieser Zeit nämlich aus dem Staub machen. Wobei - verdammt! Wo waren seine Klamotten überhaupt hingekommen? Er reckte den Hals und versuchte in dem spärlichen Licht etwas zu erkennen. Wenn ihn nicht alles täuschte, dann hatten sie es gestern recht eilig gehabt, sich die Klamotten vom Leib zu streifen. Ein Teil seiner Kleidung musste demnach noch im Flur liegen. Irgendwo. Ein anderer Teil hier in diesem Zimmer, irgendwo auf dem Boden. Erik presste die Lippen zusammen, um nicht genervt aufzustöhnen. Das war doch einfach Scheiße! Mal ehrlich?! Wie hatte das zwischen ihnen passieren können? Er hatte nie auch nur das leiseste Interesse an Kevin gehabt! Eine Hand, die plötzlich auf seiner Brust landete, ließ ihn scharf die Luft einziehen. Kurz darauf hörte er Kevins nuschelnde Stimme. Erik schluckte hart und fuhr sich ratlos über das Gesicht.
"Morgen", brachte er schließlich gepresst hervor. Sollte er gehen? Sollten sie darüber reden? Er hatte keine Ahnung, wie er sich verhalten sollte. "Ich... War wohl ein Bier zu viel heute Nacht." Gott! Was Dümmeres war ihm jetzt nicht eingefallen, oder?

"Morgen." nuschelte er dumpf, weil er die Decke nicht von seinem Kopf ziehen wollte. Er wollte das alles gerade nicht wahr haben. Doch bei Eriks Worten lachte er hol auf, schlug die Decke zurück. "Ein Bier zu viel heute Nacht?" fragte er etwas zu laut nach, kratzte sich an seinem Hinterkopf und stöhnte auf. Er war zwar auf den Schlag stocknüchtern gewesen, aber seine Gedanken schwirrten trotzdem in seinem Kopf herum, er hatte keine Ahnung, was das alles zu bedeuten hatte.
"Sorry." nuschelte er, setzte sich auf, zog sich die Bettdecke bis unter sein Kinn. "Haben wir... ich meine... haben wir wirklich...?" fragte er nach, sah sich in seinem Schlafzimmer um, einfach nur um Erik nicht ansehen zu müssen. Ein benutztes, zugeknotetes Kondom auf dem Boden beantwortete seine Frage. Ein zweites ebenfalls benutztes lag daneben. Er schloss seine Augen wieder. Heilige. Scheißes.
"Kaffee." sagte er ohne umschweife, griff sich seine Boxershorts vom Boden, zog sie sich umständlich an, ohne Erik noch mal zu viel Haut zu zeigen. Ohne Kaffee konnte er nicht denken. Vor allem nicht nach solch einer durchzechten Nacht. "Du auch?" fragte er leise.

Erik stöhnte leise auf, als Kevin - für seinen Geschmack - etwas zu laut seine Aussage wiederholte. "Nicht so laut, verdammt", brummte Erik und massierte sich die Schläfen. "Mein Kopf scheint ohnehin gleich explodieren zu wollen." Die Situation gerade war einfach absolut absurd und einfach nur wahnsinnig surreal. Erik hoffte ja, dass das alles nur ein böser Traum war, aus dem er gleich wieder aufwachen konnte, aber selbst nachdem er sich kurz gezwickt hatte, lag er immer noch nackt in Kevins Bett.
Erik atmete tief durch und nickte einmal knapp. Sein schmerzender Hintern war ihm Indiz genug, dass sie heute Nacht tatsächlich miteinander geschlafen hatten. Er und Kevin. Verdammt! Er bekam das immer noch nicht auf die Reihe. Und so war er froh, als dieser Kaffee vorschlug. "Gerne", sagte er und sah nicht hin, als Kevin umständlich in seine Boxershorts stieg. Erik überkam ein seltsames Gefühl. Würde das hier nun etwas an ihrer Freundschaft ändern? Langsam schob er sich nun selbst aus dem Bett und sog scharf die Luft ein, als er sich bückte, um nach seiner Shorts zu greifen. "Mist", murrte er und zog sich die Shorts an, wobei sich das als ein etwas schwierigeres Unterfangen herausstellte. Anscheinend war das heute Nacht nicht gerade wahnsinnig zärtlich zugegangen. Er schluckte und fuhr sich durch die Haare. Sein Blick fiel auf die beiden benutzten Kondome. Er biss sich auf die Lippe. Und als hätte einmal nicht gereicht, nein, sie mussten sich gleich zweimal in den Laken wälzen. Vorsichtig erhob Erik sich, griff sein T-Shirt, fluchte noch einmal und zog sich dieses über, bevor er in die Küche ging. Etwas ratlos blieb er im Türrahmen stehen, beobachtete Kevin, wie dieser in der Küche umherwuselte.
"Wir sollten drüber sprechen", sagte er schließlich, nachdem er seinen ganzen Mut zusammengekratzt hatte. "Ich will nicht, dass das zwischen uns steht."

"Tschuldigung." nuschelte er, weil Erik sich die Schläfen massierte, er war wohl doch zu laut gewesen. Er lächelte matt, als Erik auf seinen Vorschlag mit dem Kaffee einging. Er stand auf, ein wenig zu schnell, denn ihm wurde sofort schwindelig. Er griff sich frische Sachen aus dem Schrank, ein Shirt und eine Jogginghose würden genügen, immerhin hatte Erik ihn schon nackt gesehen und... bei dem Gedanken an gestern Nacht schüttelte er sich kurz. Nicht, weil er es eklig fand. Es war einfach so... diese ganze Sache hinterließ nur Fragezeichen in seinem Kopf. Seine eh schwer zu ordnenden Gedanken machten die ganze Situation nicht einfacher.
Als er angezogen war hielt er einen Augenblick inne, flüchtete dann aber in Richtung Küche. Erik war schon oft genug bei ihm gewesen um zu wissen, wie seine Wohnung geschnitten und wo seine Küche war.

Er suchte vergeblich nach den Kapseln für seine Nespressomaschine, warum musste seine Haushaltshilfe auch immer alles umräumen? Er spitzte seine Ohren, hörte Erik im Schlafzimmer fluchen und dann die Schritte des anderen Mannes über den Flur.
Sein Nacken kribbelte, er spührte, dass Erik in der Tür stand, aber er sagte nichts. Also sagte er ebenfalls nichts. Auch nach Eriks Worten drehte er sich erst nach einigen Augenblicken um. Er hatte die Kapseln gefunden, schmiss zwei hintereinander in die Maschine und ließ in zwei Tassen den Kaffee laufen. Erik gab er die Eintracht-Tasse. "Milch, Zucker?" fragte er, ohne ihn anzusehen, stellte beides ohne eine Antwort abzuwarten auf den Küchentisch. Dann schob er einen der Küchenstühle zurück und setzte sich an den kleinen Küchentisch. "Setz dich doch bitte." sagte er leise, während er zwei Stück Würfelzucker in seine Tasse fallen ließ.
Eriks Worte hallten in seinem Kopf nach. Wir sollten drüber sprechen. Worüber? Das sie miteinander geschlafen hatten? Das Kevin sich an so gut wie nichts erinnern konnte und wenn doch, dann nur bruchstückhaft? Er seufzte erneut. "Ja du hast recht. Jetzt setz dich doch bitte." forderte er ihn erneut auf.

Er hatte keine Ahnung, was in Kevins Kopf vor sich ging. Eigentlich hatte er immer gedacht, er könnte den anderen ganz gut einschätzen, wusste, wenn ihn etwas beschäftigte, aber gerade hatte er keinen Plan, wie es in Kevin aussah. Vielleicht ähnlich chaotisch wie in ihm. Immerhin hatten sie das beide nicht kommen sehen. Das war nicht geplant gewesen, war einfach passiert. Vielelicht könnten sie es einfach auf den Alkohol schieben und irgendwann darüber lachen. Vielleicht könnten sie es vergessen und einfach unter Erfahrung verbuchen? Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Erik seufzte schwer. Er konnte sich das einfach nicht erklären. Er wusste nur, dass er Kevin nicht wegen so etwas verlieren wollte. Das durfte nichts an ihrer Freundschaft ändern. Sie mussten darüber sprechen. Alles andere hatte keinen Sinn.
Er nahm dankend die Tasse entgegen und schüttelte den Kopf.
"Geht schon so", meinte er und nahm einen Schluck, verbrühte sich fast die Zunge. Scheiße! Sein Blick glitt zu Kevin, der ihn nicht ansehen konnte und ihm allem Anschein nach auch nicht auf seine Frage antworten wollte. Eriks Magen krampfte sich zusammen. Was war, wenn der andere sich nun vor ihm ekelte? Analsex war eine Sache, aber Analsex mit einem Mann war eine vollkommen andere Geschichte. Als Kevin ihn bat, sich hinzusetzen, lächelte er nur schief und schüttelte den Kopf. Der andere schien nicht aber nicht zu verstehen, weshalb er die Bitte ablehnte, denn kurz darauf stimmte Kevin nicht nur einem Gespräch zu - was Erik erleichterte, sondern bat ihn nochmals, Platz zu nehmen. Erik verdrehte die Augen.
"Ich kann nicht", sagte er dann und starrte in die Kaffeetasse. Das war ihm jetzt irgendwie schon unangenehm. "Mir tut der Hintern weh, okay? Wenn ich mich jetzt hinhocke, macht es das nicht wirklich besser. Ich bleib also lieber stehen." Das war zwar auch nicht gerade angenehm, aber es war besser als sich hinzusetzen - und dann auch noch auf einen harten Stuhl. Erik biss sich auf die Unterlippe. Er hatte immer noch das Gefühl, Kevin in sich spüren zu können.
"An was kannst du dich noch erinnern?", fragte Erik schließlich leise. Vielleicht könnten sie die Nacht irgendwie wieder zu einem vollständigen Bild zusammensetzen. Erik konnte sich nur an Bruchstücke erinnern und die waren teilweise schon sehr verschwommen. "Hast du... schon mal mit... einem Mann geschlafen?", brachte er letztlich die Frage zustande, die ihn momentan mitunter am meisten interessierte. Selbst wenn er nicht sagen konnte, weshalb dem so war.

Bei Eriks Worten über dessen Hintern und warum er sich nicht setzen konnte verschluckte er sich an seinem Kaffee. Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. "Entschuldige." nuschelte er leise, er... er hatte doch keine Ahnung. Von dieser ganzen Sache, von... Sex mit einem anderen Mann.
Er entschied sich die Sache mit Humor zu nehmen - er wusste einfach nicht, wie er anders reagieren sollte.
"Willst... willst du ein Kissen?" fragte er leise, unterdrücke ein Grinsen. Er sah zum ersten Mal auf, sein Blick blieb kurz an Eriks Körper hingen, doch dann sah er ihm ins Gesicht. Er sah, wie Erik auf seine Unterlippe biss.
"An..." setzte er an, versuchte mit aller Gewalt sich zu erinnern. "Eine Party. Wir haben getanzt." sagte er und räusperte sich. "Wir haben rumgealbert, dass du ja so stockschwul bist und ich ja so stockhetero bin, das wir ja nie im Gewässer des anderen rumfischen würden..." erinnerte er sich an einige Gesprächsfetzen. "Wir haben... rumgeknutscht." sagte er nach einer längeren Pause. "Und dann erinner ich mich an wenig." sagte er seufzend, trank einen Schluck Kaffee. "Und du? Das mit deinem Hintern..." sagte er und biss nun selbst auf seiner Unterlippe herum. "Tut mir leid." sagte er leise.
Eriks letzte Frage verwunderte ihn. Er räusperte sich erneut, trank einen weiteren Schluck Kaffee. Er brauchte einige Augenblicke bis er antworten konnte, auch wenn die Frage doch so einfach war. Doch er sprach es nicht aus, er konnte nicht. Er schüttelte nur seinen Kopf.

Als Kevin sich auf Eriks Aussage hin, dass sein Hintern schmerzte, verschluckte und er sich daraufhin kleinlaut bei ihm entschuldigte, winkte Erik nur ab. Aber immerhin fand der Keeper kurz darauf seinen Humor wieder. Erik schüttelte den Kopf. "Ist nicht das erste Mal", murmelte er. Immerhin war Kevin nicht der erste Mann, mit dem Erik geschlafen hatte. Nur der erste, bei dem er es absolut nicht erwartet hatte, mit ihm im Bett zu landen. "Ich bleib stehen. Ist gerade das Beste. Es sei denn, es stört dich."
Erik seufzte erleichtert, als Kevin den Blick hob und ihn ansah, auch wenn desses Blick zunächst kurz an seinem Körper hängen blieb. Erik wurde seltsam warm. Er schüttelte das Gefühl ab, indem er sich auf Kevins Worte konzentrierte.
"Ungefähr an dasselbe", entgegnete er leicht frustriert. Die Nacht würde wohl ewig unvollständig bleiben, die Erinnerungslücken sie vermutlich begleiten. Nie wieder so viel Alkohol! "An die Taxifahrt hierher, dass du mit deinem Autoschlüssel die Wohnungstür aufschließen wolltest und... dass du mich gegen die Wand im Flur gepresst hast, meine Hände auf... deinem Hintern... und dass wir recht schnell die Klamotten los waren... danach... kinoreifer Filmriss", gestand Erik unzufrieden und konnte Kevin nicht wirklich ansehen. Seine Wangen glühten. "Ist schon okay, ich werds überleben", wiegelte er ab und versuchte sich an einem Lächeln, das allerdings gleich wieder erstarb, als Kevin auf seine Frage hin den Kopf schüttelte. Erik war der erste Kerl, mit dem Kevin geschlafen hatte. Warum es in seinem Bauch plötzlich zu kribbeln begann und sein Herzschlag sich beschleunigte, wollte Erik gar nicht erst wissen. "Ich... Du... Da wir uns beide kaum dran erinnern können, kann es gar nicht so gut gewesen sein", versuchte er die gedrückte Stimmung aufzulockern. Aber seine Stimme klang dafür viel zu gepresst. Zudem hatte der Sex gut sein müssen und wohl auch beiden gefallen, sonst hätten sie nicht gleich zweimal miteinander geschlafen. Erik schluckte hart und trank einen Schluck Kaffee. Sein Blick blieb an Kevins Hals hängen, an dem ein wunderschöner, großer Knutschfleck zu sehen war. Und leider nicht nur einer. Er konnte noch zwei weitere, wenn auch kleinere ausmachen. Er wurde wieder rot. "Du... du solltest vielleicht vorerst mit... einem Tuch oder so durch die Gegend laufen", meinte er und sah aus dem Fenster. "Ekelst du dich?", fragte er dann leise und fügte ein noch leiseres 'vor mir?' an.

"Bleib ruhig stehen." sagte Kevin, starrte kurz in seinen Kaffee.
Er lauschte Eriks Worten. Die Nacht nahm immer mehr Formen an, auch wenn sie hinter einem gewissen Nebel blieb, vielleicht war das auch besser so.
Er zuckte mit seinen Schultern, Eriks Gestammel, darüber, das die Nacht ja nicht so gut gewesen sein könnte, war irgendwie... Kevin verbot sich jeden weiteren Gedanken darüber.
"Ein Tuch?" fragte er verwirrt. Was... Eriks Blick sagte einiges, er griff sich einen Löffel und versuchte sein Spiegelbild zu sehen. Er erkannte zwar nicht viel, aber das, was er an seinem Hals sah reichte ihm. "Mit diesem Schlampenstempel bin ich dann wohl auch offiziell deine Schlampe..." machte er mal wieder einen seiner schlechten Witze, seufzte dann.
Erik wurde rot. Schon wieder. Ein kleines Lächeln stahl sich auf Kevins Gesicht. Das war wirklich... nein, nein, nein, so durfte er nicht von seinem Freund denken.

Doch als Erik aus dem Fenster sah und ihn fragte, ob er sich vor ihm ekeln würde schüttelte Kevin vehement seinen Kopf. "Quatsch warum sollte ich, ich meine... ich... also... ähm..." stotterte er sich zurecht, schluckte. "Nein Erik, wir sind Freunde." sagte er und hielt kurz inne. "Wie könnte ich mich jemals vor dir ekeln?" fragte er.

Ein wenig belustigt, beobachtete er, wie Kevin sich einen Löffel schnappte und versuchte, sich selbst darin zu erkennen - oder vielmehr seinen Hals und das, was Erik die Nacht darauf hinterlassen hatte. Normalerweise hinterließ er nie solch auffälligen Spuren. Dass er es bei Kevin dennoch getan hatte, bewies ihm einmal mehr, wie betrunken er gewesen sein musste. Kevins verdammt schlechter Witz ließ ihn dennoch kurz zynisch auflachen. Dennoch sagte er nichts darauf, ertrank jeglichen Kommentar, der auf seiner Zungenspitze lag, in Kaffee.

Erik atmete erleichtert aus und entspannte sich etwas, als Kevin ihm auf seine Frage antwortete. Er hätte nicht gewusst, was er ansonsten gemacht hätte, wenn die Antwort anders ausgefallen wäre. "Gut, ich... Danke... Dann können wir das heute Nacht einfach unter Lebenserfahrung verbuchen, ohne dass es etwas zwischen uns ändert?" Er drehte die Tasse in seinen Händen. "Ich meine... das war nur Sex. Wir waren betrunken. Das kann mal passieren." Er schluckte. Irgendwie fühlte sich das total falsch an, was er da sagte. Aber Erik war viel zu aufgewühlt, um in diesem Moment zu verstehen, dass sich seine Gefühle für Kevin bereits zu verändern begannen.

"Genau", sagte er und lachte auf, "es war nur Sex." Nicht mehr. Aber eben auch nicht weniger. Er schloss kurz seine Augen und trank noch einen Schluck Kaffee.
Das seine Nackenhaare sich aufstellten, als er versuchte seine Gedanken rund um Erik zu organisieren, ignorierte er gekonnt. Er sah Erik über den Rand seiner Kaffeetasse hinweg an, kaute wieder auf seiner Unterlippe herum. Erik war hübsch, das konnte nicht mal er leugnen. Aber warum machte er sich darum überhaupt Gedanken? Er stand nicht auf Männer. Absolut nicht. Nein.
Er räusperte sich, um sich selbst in seinen Gedanken zu unterbrechen, wand sich dann an seinen Gegenüber: "Normalerweise kriegen die Übernachtungsgäste hier nicht mal einen Kaffee, aber bei dir mach ich mal eine Ausnahme. Willst du was frühstücken? Duschen? Irgendwas? Noch einen Kaffee?" fragte er, versuchte sofort wieder auf Normalmodus umzuschalten. Erik Durm war ein Freund, ein Kumpel, ein Vertrauter. Nicht mehr. Aber eben auch nicht weniger. Er ertrank seine Gedanken in seinem Kaffee, stand dann auf um sich eine neue Tasse zu kochen.

Erik nickte. Nur Sex. Genau. Er trank seinen Kaffee leer und drehte die Tasse unschlüssig in der Hand. Er sollte erleichtert sein und das Thema abhaken, aber irgendwie konnte er das nicht wirklich. Da war irgendetwas tief in ihm, dass das nicht so recht zu akzeptieren schien, dass das zwischen ihnen nichts zu bedeuten hatte. Und verdammt, was dachte er hier eigentlich? Kevins Stimme riss ihn aus seinen Gedanken, wofür er dem anderen recht dankbar war.
"Dann fühl ich mich gleich mal geehrt", scherzte er flach und strich sich durch die Haare. "Ich glaub, ich würd gern duschen und vielleicht grad 'ne Scheibe Toast essen. Dann würd ich mich auch schon wieder auf den Rückweg nach Mainz machen." Da stand immerhin noch sein Auto. Er hatte Freunde in Mainz besucht und gestern waren sie zusammen in Frankfurt zum Abschluss feiern gegangen. Da fiel ihm ein, dass er vielleicht noch Tim Bescheid geben sollte, dass alles in Ordnung war und er demnächst sein Auto holen würde.
"Ich nehm mir einfach ein Handtuch aus em Schrank, okay?" So, wie er es eigentlich immer tat, wenn er mal hier war. Er verschwand aus der Küche, sammelte auf dem Weg zum Bad seine Kleider ein und schickte Tim, der schon zigmal bei ihm angerufen hatte, eine SMS. Dann ging er ins Bad, um seine immer noch rasenden Gedanken mit Hilfe einer Dusche zu beruhigen. Als er sich auszog und einen Blick in den Spiegel warf, erschrak er kurz. Kevin hatte auf seinem Rücken leichte Kratzspuren hinterlassen. Erik bekam Gänsehaut, versuchte einfach alles zu verdrängen und stieg unter die Dusche.

Über den doch sehr flachen Witz von Erik lachte er matt. Als er sich durch die Haare strich starrte er ihn unverholen an. Warum wusste er auch nicht. Aber er musste zum wiederholten Male feststellen, dass Erik alles andere als hässlich war.
"Tu dir keinen Zwang an, du kennst dich doch aus." sagte er, da war Erik schon aus der Küche verschwunden.
Er hielt noch einen Augenblick inne. Erik und er... wie konnten sie weiter einfach nur Freunde sein? Er hörte das Wasserrauschen der Dusche. Und machte sich seufzend daran frühstück zu machen. Er kochte zwei Eier und deckte den Tisch, bevor er den Toaster anwarf. Wirklich hungrig war er nicht. Die Sache mit Erik schlug ihm auf den Magen. Nicht, weil er sich ekelte, er fragte sich immer noch, warum Erik so von ihm dachte. Es verwirrte ihn einfach. Er stand doch auf Frauen. Auf Brüste. Auf hübsche kurvige Frauen in kurzen Kleidern und... er seufzte, machte sich noch einen Kaffee.

Nachdem Erik geduscht und sich angezogen hatte, fühlte er sich einigermaßen wieder lebendig und gewappnet, Kevin wieder unter die Augen zu treten. Er atmete noch einmal tief durch und verließ dann das Badezimmer. Als er die Küche betrat, sah er, dass Kevin den Tisch gedeckt hatte. Eier hatte er auch abgekocht. Erik schluckte hart und setzte sich an den Tisch.
"Und was machst du heute noch so?", fragte er nach einer Weile, in der sie sich nur angeschwiegen hatten. Ohnehin wirkte die ganze Stimmung gekünstelt. Etwas, was Erik weh tat. Er wollte nicht, dass sich irgendetwas zwischen ihnen veränderte, aber er merkte selbst, dass er nicht mehr so unbefangen mit Kevin umgehen konnte wie vor dieser Nacht.
Er trank seinen Kaffee aus und aß nur einen Toast mit Butter. Das Ei ließ er unangerührt stehen. "Ich glaub, ich fahr jetzt", meinte er schließlich und stand auf, um seinen Teller in die Spühlmaschine zu räumen. "Wir können ja telefonieren oder so", sagte er und wusste nicht einmal, ob er das gerade selbst wollte. Wieso fühlte sich gerade jedes Wort, jede Handlung so verdammt falsch an? Unschlüssig stand er in der Küche, sah zu Kevin.
"Danke fürs Frühstück." Er hob die Hand zum Abschied. Keine freundschaftliche Umarmung. Er wusste nicht, ob so viel Nähe jetzt schon wieder in Ordnung ging. "Ich find alleine raus. Dir noch 'nen schönen Tag." Ein letztes Lächeln, dann wandte er sich um, schnappte im Flur seine Jacke und verließ die Wohnung des Keepers. Konnten sie wirklich nach dieser Nacht einfach nur Freunde bleiben?

Kevin schluckte, als Erik wieder in die Küche kam. Er sah gut aus, seine Haare waren noch feucht. Kevin schüttelte sich kurz.
Er fragte gerade, was Kevin heute noch vor hätte. Der schüttelte seinen Kopf. "Keine Ahnung, nicht viel und du?" fragte er, rührte in seinem Kaffee herum, köpfte dann sein Ei uns aß es.

Als Erik nur ein Toast mit Butter aß, seinen Kaffee austrank und dann quasi aufsprang seufzte Kevin leise. Er war irgendwie ein wenig enttäuscht darüber. "Ich melde mich bei dir." sagte er, als Erik meinte, sie könnten ja telefonieren oder so. Erik stand einen Augenblick nur unschlüssig in der Küche herum, Kevin sah ihn an. Bis er wirklich ging. "Klar, du findest den Weg ja raus." rief er ihm ein wenig mürrisch hinterher, das Lächeln von Erik nur widerwillig erwidernt. Auch wenn die Stimmung zwischen ihnen komisch gewesen war, war es ein komisches Gefühl, als Erik ging.

Er saß noch einen Augenblick in der Küche und fragte sich, was die ganze Sache zu bedeuten hatte. Ob es überhaupt etwas zu bedeuten hatte. Seufzend räumte er das Zeug vom Frühstück weg, bevor er sich daran machte das Schlafzimmer aufzuräumen, zu Lüften und vor allem die benutzen Kondome wegzuschmeißen. Und dann ließ er sich aufs Bett fallen, fertig mit der Welt. Seine Gedanken zu sortieren kam gerade nicht in Frage, es war einfach komisch. Er hatte Sex gehabt, mit einem Mann, einem Kumpel. Er vergub sein Gesicht im Kissen und zuckte zusammen. Es roch irgendwie fremd. Konnte ja nur Eriks Geruch sein, der noch in den Bettlaken hing. Auch wenn er nach einem One-Night-Stand immer das Bettzeug wechselte, jetzt war ihm ganz und gar nicht danach. War Erik ein One-Night-Stand? Konnte er das überhaupt so betiteln? Er war total unsicher, was er tun sollte. Er griff nach dem zweiten Kopfkissen, drückte es sich selbst ins Gesicht und schrie einfach nur. "SCHEISSE, SCHEISSE, SCHEISSE!!!"

Er war abgehauen, aus der Wohnung geflüchtet und hatte Kevin dort einfach hocken lassen. Es tat ihm leid, aber er hatte das einfach nicht mehr gekonnt. Kevin gegenüber zu sitzen und so zu tun, als wäre alles wie immer, als wäre da nichts zwischen ihnen gewesen. Eriks schmerzender Hintern war Indiz genug, was heute Nacht geschehen war - so schnell würde er das auch nicht vergessen. Auch wenn es das beste wäre. Es war nur Sex, nur eine bedeutungslose Nacht. Oder? Erik wusste es nicht, er hatte keine Ahnung, ob dem wirklich so war. Und dass er es nicht sagen konnte, zermürbte ihn.
Nachdem er bei Tim sein Auto geholt hatte und wieder heil in Dortmund angekommen war, schrieb er Kevin eine SMS: 'Hey, bin gut in Dortmund angekommen. Danke fürs Frühstück und bis bald, Erik.' Die Nachricht klang irgendwie selbst für ihn nichtsaussagend, aber sich gar nicht melden, wollte Erik dann auch nicht. Er schmiss sich ins Bett und zog die Decke über den Kopf, sperrte die Welt aus und hoffte damit auch seine Gedanken eliminieren zu können.

Drei Wochen später begegneten sich wieder. Qualispiele mit der U-21 Nationalmannschaft standen an und beide waren nominiert worden. Erik wusste immer noch nicht, ob er sich auf Kevin freute oder dieser Begegnung lieber aus dem Weg gegangen wäre. Er hatte in den vergangenen Wochen verdammt viel nachgedacht und war zu einer Erkenntnis gekommen, die ihn gehörig durcheinander gebracht hatte. Er nahm gerade seinen Zimmerschlüssel an der Rezeption entgegen, als er Kevins Stimme vernahm. Er drehte sich um und sah, wie der Keeper Moritz begrüßte. Eriks Herz begann schneller zu schlagen. Er wusste, dass Kevin gut aussah, aber irgendwie fiel es ihm heute zum ersten Mal bewusst auf, wie gut. Als Kevin zur Rezeption sah, trafen sich ihre Blicke. Erik zwang sich dem Blick standzuhalten und nickte dem anderen lächelnd zu. Seine Finger schlossen sich fester um den Schlüssel in seiner Hand. Er würde das hinbekommen.

Nachdem er noch einige Stunden im Bett gelegen hatte und gegen Abend wieder einigermaßen fit war hatte er sich seine Sportsachen geschnappt und war mit seinem besten Freund Basti in den Fitnessclub gegangen. Das hatte seine Gedanken für einen Augenblick ruhig gestellt. Aber sobald er nach dem Training neben Basti in der Dusche stand kamen die Erinnerungen an den Abend wieder in ihm hoch. Und Basti hatte auch schon beim Gewichte stemmen gefragt, was mit ihm los sei. Doch Kevin hatte es mit einem Lächeln abgetan, wie immer.
Als er sich angezogen und seine Sachen aus seinem Spind nahm warf er einen Blick auf sein Handy. Es zeigte eine neue Nachricht von Erik an und irgendwie freute er sich darüber. Doch sobald er sie gelesen hatte seufzte er nur. Basti linste auf das Handy, schlug ihm auf die Schulter. "Kevin was ist los mit dir?" fragte er. Kevin schüttelte nur seinen Kopf. "Stress mit 'ner Frau." log er und löschte die SMS von Erik. Basti nahm es einfach so hin, obwohl Kevin den Blick seines besten Freundes auf sich spürte. Er war ... verwirrt. Seine Gefühle fuhren Achterbahn, von Himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt und das wegen einem Mann.
Als er in der Nacht im Bett lag und nicht einschlafen konnte schrieb er Erik eine SMS, erwartete aber keine Antwort. So nichtssagend wie Eriks SMS gewesen war... was erwartete Erik da eigentlich? Erwartete er irgendwas? Kevin seufzte, bevor er seine ebenso nichtssagende SMS an Erik dann doch abschickte.
Hey Erik, freut mich. Kein Problem, bis dann. Kevin

Auch wenn er sich jeden weiteren Gedanken an Erik verboten hatte, als er die Einladung zu den Qualifikationsspielen der U21-Nationalmannschaft bekommen hatte dachte er nur an Erik. Und er freute sich auf eine komische Art und Weise.
Kevin kam im Hotel an und den ersten den er erblickte war Erik. Er stand an der Rezeption. Ihm wurde flau im Magen und er wollte auf dem Absatz kehrt machen, doch Moritz tauchte hinter ihm auf und begrüßte ihn. "Hey Mo..." sagte er lauter als nötig, Erik drehte sich um und sein Herz sackte ihm in die Magengegend. Wusch. Die Erkenntnis jagte ihm einen unangenehmen Schauer über den Rücken. Er hatte Gefühle für Erik. Warum nur? Nur weil sie Sex gehabt hatten?
Und dann sah Erik ihn auch noch an. Sein Lächeln war tatsächlich wirklich ... KEVIN TRAPP schalte er sich selbst in Gedanken. Erik war ein Freund und Mannschaftskollege. Und da war dann auch die Grenze und das Ende. Wie konnte er überhaupt daran denken...
Er trat neben Erik an die Rezeption und ließ sich seinen Schlüssel geben. "Hey du." sagte er und lächelte, stoppte dann, räusperte sich. Peinlich, peinlich Herr Trapp. "Bis nachher." sagte er, ließ sich seinen Schlüssel geben und schaffte seine Tasche erst Mal in sein Zimmer. Wie immer hatten sie Doppelzimmer, er freute sich schon, das war immer nett. Auch wenn er jetzt lieber seine Ruhe gehabt hätte. Er räumte seine Tasche wie immer nur zur Hälfte aus, seine Klamotten ließ er drin und räumte nur seine Kosmetika aus. Ja, er besaß diverses Zeug für seine Haare, Rasierer und noch anderen Krempel, den er in einer Kosmetiktasche mit sich herumtrug. Und nun verteilte er das Zeug im Bad.

Erik wurde nervös - dabei sollte er das eigentlich gar nicht! Nicht, wenn sich ein guter Freund und Kollege näherte und neben ihn trat. Nicht, wenn es sich dabei um Kevin handelte, für den er irgendwann irgendwie Gefühle entwickelt hatte. Er begriff es selbst nicht, wie es dazu hatte kommen können. Sie waren bis zu dieser einen Nacht doch nie mehr gewesen als Freunde. Erik hatte nie auch nur im Ansatz etwas für den Keeper empfunden - zumindest nicht, dass er sich daran erinnern könnte. Aber konnten sich Gefühle einfach nach einer Nacht so schnell einnisten? Oder war da doch schon etwas vorher gewesen, das sich nur im Dunkeln versteckt und darauf gelauert hatte, endlich ans Licht treten zu dürfen?
Kevins Stimme ließ ihn aufblicken. "Hey", meinte er und sah den anderen an, der ihm ein Lächeln schenkte. Erik bekam weiche Knie. Dieses Lächeln hatte er schon immer gemocht, aber jetzt besaß es irgendwie eine ganz andere Art an Faszination. Er starrte, fiel ihm auf. Also sah er ganz schnell wieder in eine andere Richtung und winkte Mo, der bei Leo stand und ihm ebenfalls zuwinkte. Kevin räusperte sich und Erik dachte schon, er hätte dem anderen nicht zugehört, doch der verabschiedete sich lediglich nur und verschwand. Bittere Enttäuschung breitete sich in Erik aus. Irgendwie hatte er so sehr gehofft, dass sie völlig ungezwungen miteinander umgehen würden können. Doch da hatte er sich wohl getäuscht. Scheiße! Er schnappte sich sein Gepäck und brachte es aufs Zimmer, nachdem er noch den ein oder anderen begrüßt hatte.
Er schloss die Zimmertür auf und schob seinen Koffer hinein, um die Tür mit der Fernse zuzustoßen. Anscheinend war sein Zimmermitbewohner schon da, denn aus dem Bad, das rechterhand von der Tür lag, kamen Geräusche. Da hatte jemand wohl ein ganzes Sammelsorium an Kosmetika mitgebracht. Erik ließ den Koffer an der Tür stehen und beschloss, erst mal seinen Zimmerkollegen zu begrüßen. Bevor er ins Bad eintrat, klopfte er an die halb angelehnte Tür und trat dann ein.
"Hey, ich wollte - " Jegliches weitere Wort blieb ihm in der Kehle stecken. Vor dem Badezimmerspiegel, nun zu ihm gewandt, stand ausgerechnet Kevin. Erik schluckte hart, doch sein Herz begann sofort wieder eifrig, kleine Hüpfer zu machen. "Ich... ähm, tja, wir teilen uns dann wohl ein Zimmer für die nächsten Tage", stellte Erik fest und lächelte schief. "Hast wohl dein halbes Badezimmer mitgenommen, hm?" Er deutete auf die diversen Artikel, die sich bereits im Bad finden ließen.

Er hörte jemanden ins Zimmer kommen und wollte schon seinen Kopf aus dem Bad strecken, da klopfte Erik an die halb offene Tür und trat dann ein.
Er drehte sich um und zuckte zusammen. Erik. Natürlich. Wer auch sonst. Er seufzte leise, rann sich nur ein kurzes Lächeln ab, als Erik unnötigerweise feststellte, dass sie sich ein Zimmer für die nächsten Tage teilen würden. "Mhm." brummte er nur.
Als Erik ihn auf sein halbes Badezimmer das er mitgenommen hatte aufmerksam machte stellte Kevin seinen Kulturbeutel scheppernd auf dem Waschtisch ab. Er atmete zwei Mal tief durch. "Ich kann meinen Kram auch zur Seite räumen." sagte er, ließ die Kulturtasche dann so stehen und ging zurück ins Zimmer. Er hob seine Tasche auf das Bett, das er sich ausgesucht hatte. "Ich schlaf hier, okay?" beschränkte er die Kommunikation auf das nötigste, kramte seinen iPod aus seiner Tasche und stopfte sich seine Kopfhörer in die Ohren.
"Wir sehen uns beim Essen." informierte er seinen Zimmergenossen nüchtern und ergriff darauf hin die Flucht irgendwohin, nur weg.
Auf dem Flur sah er sich um, Mo und Leo bezogen gerade ihr Chaoszimmer. Trotz der Musik die er hörte konnte er alle beide überaus laut schnattern hören. Er verdrehte einfach nur seine Augen über die beiden, bevor er sich auf den Weg in den Fitnessraum machte.

Schon das Brummen auf seine Feststellung verhieß nichts Gutes, das wusste Erik. Er kannte Kevin mittlerweile lange und auch gut genug, um seine Launen einschätzen zu können. Heute war anscheinend kein ganz so guter Tag im Leben des Keepers - oder aber er war einfach nur ziemlich angepisst von der Tatsache, dass er sich ausgerechnet mit Erik ein Zimmer teilen musste. Denn in den letzten drei Wochen hatten sie weder miteinander telefoniert noch sich geschrieben. Dabei hatte Erik so oft das Handy in der Hand gehabt und schon eine Nachricht getippt, die er aber lieber wieder gelöscht hatte, als diese abzusenden. So herrschte weiterhin zwischen ihnen Funkstille, obwohl Erik jeden Tag irgendwie gehofft hatte, dass Kevin sich mal melden würde. Aber die Hoffnung war vergebens gewesen.
Erik sah dem anderen verwirrt nach, als dieser seinen Kulturbeutel regelrecht auf die geflieste Anrichte knallte und ins Zimmer ging, wo er sogleich klar machte, wo er schlafen würde. Erik hob abwehrend die Hände. "Ist ja schon gut. Ich hab dir nichts gemacht, okay?", entgegnete er und holte seinen Koffer, um seine Kleider auszupacken. Eine Kommunikation würde so schnell nicht zwischen ihnen stattfinden, denn kurz darauf verabschiedete sich Kevin auch schon. Erik sah ihm verletzt hinterher. Warum war Kevin so abweisend? Hatten sie nicht alles geklärt gehabt? Erik lachte bitter auf. Geklärt. Wie sollte man so etwas denn bitteschön klären?! Anscheinend hatte ihre Freundschaft einen ordentlichen Knacks bekommen. Er packte die Kleider in den Schrank, verstaute den Koffer unter dem Bett und beschloss, spazieren zu gehen. Wenn er hier im Zimmer bleiben würde, würde ihm die Decke auf den Kopf fallen, und bis zum Abendessen hatten sie noch gut 2 Stunden Zeit. Vielleicht hatte sich Kevin bis dahin auch wieder etwas abreagiert. Erfreut schien der ja nicht gewesen zu sein, sich mit Erik ein Zimmer zu teilen. Ob er sich vielleicht doch mittlerweile vor ihm ekelte?

Er wollte es einfach nicht zugeben, aber es verletzte ihn, das Erik sich in den letzten Wochen nicht gemeldet hatte. Und gerade er war was das Thema anging auch eine kleine Diva, er hätte sich ja melden können. Aber es gab einiges, das ihn daran gehindert hatte: sein Stolz, seine Arroganz und die Tatsache, das er sich durch die Betten einiger Frankfurter Frauen vögeln musste, nur um sicherzugehen, dass er auf Frauen stand. Dem war auch so.
Und doch war immer und überall Erik. In seinem Kopf, in seinen Gedanken - er ertappte sich sogar dabei öfter auf Eriks Facebookprofil zu klicken als nötig. Er kam sich total bescheuert vor, weil er ihn durchgoogelte.
Am Fitnessraum angekommen sah er sich um, er hatte natürlich keine richtigen Sportsachen angezogen, sich vor Erik umzuziehen traute er sich nicht. Er trug den DFB-Trainingsanzug, der eigentlich eher als "Ausgehanzug" verpönt, von ihm aber gerne getragen wurde. Er würde ja nur ein bisschen Rudern um runterzukommen, einen klaren Kopf zu bekommen. Vielleicht könnte er ja einfach mit irgendwem das Zimmer tauschen?
Mit Schweißperlen auf der Stirn und hoch rotem Kopf hörte er nach knapp 1 1/2 Stunden auf zu trainieren. Er hatte nicht mehr viel Zeit bis zum Abendessen und seinen Gestank wollte er niemandem antun. Auf dem Weg zurück zu seinem Zimmer kamen ihm einige Menschen entgegen, für die er meißt nicht mehr übrig hatte als ein müdes Lächeln, aber sie alle kannten ja seine mürrische Art und Weise. Das dass eigentlich nur ein Selbstschutz war verstanden die wenigsten - die wenigen, wie sein bester Freund Basti Oczipka - die er auch in sein Leben ließ.

Vor der Zimmertür angekommen atmete er tief durch, bevor er sie aufschloss. Er sah sich um, Erik war gar nicht da. Er seufzte, zog sich schnell aus und ging duschen.

Erik war ziellos umhergewandert und hatte sich letztlich irgendwo auf eine Bankbank verzogen, die durch eine Hecke sichtgeschützt genug lag, damit ihn nicht gleich jeder, der den hoteleigenen Park betrat, entdecken würde. Gesellschaft wollte er gerade nämlich keine haben. Er brauchte Ruhe, um seine Gefühle und Gedanken zu sortieren, um sich klar zu werden, was er nun tun sollte und was er - vor allem - wollte.
Er wusste, dass er Kevin nicht als Kumpel verlieren wollte, dass er ihm wichtig war, aber er war auch nicht naiv genug, um anzunehmen, dass das vollkommen ausgeschlossen wäre. So wie Kevin sich verhielt, suchte er eher Abstand zu Erik als seine Nähe. Diese eine beschissene Nacht hatte anscheinend ausgereicht, um eine Freundschaft in ihren Grundfesten zu erschüttern. Erik fuhr sich über das Gesicht. Aber das war leider nicht alles, worüber er sich den Kopf zerbrechen musste. Da waren noch seine Gefühle für den Keeper. Gefühle, die er nicht haben sollte. Nicht, weil Kevin ein Mann war, sondern weil er sein guter Freund war, sein Kollege und weil dieser auf Frauen stand. Erik hätte nie den Hauch einer Chance. Alles an Kevin schrie doch schon förmlich nach Frauenheld. Kevin stand auf lange Haare, Brüste, Kurven und weiche Formen. Das alles hatte Erik nicht.
"Warum hat das nur passieren müssen?" Eine Frage, auf die er auch nach drei Wochen noch keine Antwort gefunden hatte.

Als er das nächste Mal auf die Uhr sah, war es bereits kurz nach halb sechs. Jetzt musste er sich aber sputen, wenn er noch mal kurz auf sein Zimmer wollte, um sein Handy zu holen. Das hatte er nämlich mal wieder komplett vergessen, mitzunehmen. Er sollte wirklich versuchen, konzentrierter zu sein. Er joggte zurück zum Hotel und beeilte sich zu seinem Zimmer zu kommen. Er schloss die Tür auf, lehnte sie an, weil er ja gleich wieder gehen wollte, und kramte sein Handy aus seinem Rucksack hervor. Als er es gerade in die Hosentasche gesteckt hatte, ging die Badtür mit einem Schwung auf und ein nur mit einem Handtuch um die Hüften gewickelter Kevin stand im Zimmer. Eriks Mund wurde staubtrocken. Er wusste, dass er nicht hinschauen sollte, aber er konnte gar nicht anders. Sein Herz schlug rasendschnell, ihm war warm. Ziemlich warm. Kevin hatte einen verdammt tollen Körper und Erik wusste, wie er sich anfühlte, konnte sich an das Gefühl seiner Hände auf dieser Haut und diesen Muskeln erinnern.
"Ich... Handy... Ich meine, ich hab mein Handy liegen lassen", stotterte er sich schließlich zusammen und sah auf den Boden. Seine Wangen leuchteten sicherlich wieder knallrot. "Tut mir leid." Für was er sich genau entschuldigte, war ihm selbst nicht so ganz klar, aber er hatte das Gefühl, dass eine Entschuldigung gerade einfach angebracht war. Und sei es auch nur, damit Kevin nicht explodierte. Denn der sah wieder mal ganz und gar nicht glücklich aus.

Die Dusche hatte gut getan. Wirklich gut. Seine Muskeln konnten sich unter dem heißen Wasser entspannen und er konnte sich auch ein wenig entspannen. Zumindest ansatzweise.
Als er nur mit einem Handtuch um die Hüften geschlungen ins Zimmer kam und Erik plötzlich vor ihm stand zuckte er zusammen. Eriks Gestotter nahm er gar nicht war, er sah nur zu, wie Erik sich sein Handy schnappte und auf den Boden starrte.
Er fand es wirklich süß, wie Erik sich etwas zusammenstammelte, sich dann sogar bei ihm entschuldigte. "Warum entschuldigst du dich?" fragte Kevin leise, griff sich ein Oberteil aus seinem Koffer und zog es an.
Er mochte Erik.
Er wollte nicht, dass das weiter so zwischen ihnen war. Und der Sex zwischen ihnen stand.
Er hatte zwar in den letzten Wochen viel Sex gehabt. Mit Frauen. Und es war immer irgendwie schön gewesen. Aber auch nur "irgendwie schön". Immer und immer wieder hatte sich Erik in seine Gedanken geschlichen.

"Sorry, dass ich so ein Arsch war. Heute und auch die letzten Wochen..." sagte er leise, setzte sich auf sein Bett. Er sah auf seine Hände. "Müssen wir drüber reden? Oder kriegen wir das auch so hin uns nicht an die Gurgel zu gehen?" fragte er.

Erik sah unsicher auf, als er Kevins Frage hörte. Warum er sich entschuldigte? Er hatte keinen blassen Schimmer. "Ich... kanns um ehrlich zu sein nicht mal sagen", gestand er letztlich ehrlich und sah dem anderen dabei zu, wie dieser sich ein T-Shirt überstreifte. Schade, er hätte gerne noch ein wenig mehr von Kevins trainiertem Körper gesehen. Erik schloss die Augen und atmete tief durch. Er sollte solche Gedanken nicht einmal ansatzweise auch nur haben. Er würde sich nur kaputt machen, wenn er es zulassen würde. Das war ein Ausrutscher gewesen, für Kevin hatte das zwischen ihnen keinerlei Bedeutung. Zumindest nahm Erik das an. Immerhin war der Torhüter durch und durch heterosexuell.
Als sich Kevin bei ihm entschuldigte, musste Erik matt lächeln.
"Ich... kanns irgendwie ja nachvollziehen. War ja auch nicht gerade besser. Ich hätte mich ja mal melden können, aber - Irgendwie hab ich nicht die Kurve bekommen. Tut mir leid. Ich hatte so oft den Hörer in der Hand oder schon eine Nachricht geschrieben, aber irgendwie kam mir das alles nicht richtig vor." Er schluckte und setzte sich nun auf sein Bett. So, dass er Kevin gegenüber saß und ansehen konnte. "Über was sollen wir denn reden? Dass wir irgendwie doch nicht in der Lage dazu sind, uns normal zu verhalten? Dass wir uns aus dem Weg gegangen sind? Dass irgendwie alles anders ist? Ich weiß nicht, ob da Reden hilft, Kevin." Er seufzte frustriert. Gerade fühlte er sich absolut hilflos und überfordert. "Außerdem müssen wir zum Essen runter. Wenn wir nochmal reden wollen, dann nicht jetzt." Dafür sollten sie sich mehr Zeit nehmen. Erik stand auf und ging zur Tür, stoppte jedoch kurz davor. "Bereust du's?", wollte er leise wissen. Es war ihm verdammt wichtig, das zu wissen.

Er lächelte leicht bei Eriks Worten. Er war einfach verdammt süß.
Doch Kevin verbot sich jeden einzelnen Gedanken in diese Richtung. Er musste endlich damit aufhören. Aber er konnte einfach nicht.
"So ähnlich wars bei mir auch." murmelte er in seinen Bart und seufzte leise. Normalerweise hatte er keine Probleme damit gehabt sich bei Erik zu melden aber es war doch anders zwischen ihnen. Und so langsam sollte Kevin sich mal eingestehen, das er vielleicht doch etwas für den Dortmunder empfinden könnte.
Kevin seufzte theatralisch, als Erik sich ihm gegenüber auf das Bett setzte.
Er wollte etwas sagen, wollte sich rechtfertigen. Aber Erik war so in Fahrt, seufzte und schien heillos überfordert. "Du hast recht." sagte er, stand auf und zog sich schnell eine Hose an.

Er ging hinter Erik her, als der stoppte. Fast lief er in ihn hinein. Er wich einen Meter von Erik zurück, als der fragte, ob Kevin es bereuen würde. Die Frage traf ihn mitten in die Magengegend. Wie konnte Erik das Fragen?
Er schüttelte automatisch seinen Kopf. "Nein!" sagte er empört, stemmte seine Hände in seine Hüften, weil er nicht wusste, was er damit machen sollte.
"Wie könnte ich das bereuen, ich meine..." sagte er und zuckte mit seinen Schultern, ließ den Satz offen, weil er selbst die Antwort nicht hören wollte. "Lass uns Essen gehen." sagte er und ging an Erik vorbei.

'Du hast Recht' - irgendwie hatte er sich eine andere Reaktion erhofft. Welche genau, konnte er nicht einmal sagen, aber die Worte wogen schwer. Momentan schien Kevin ihm eh nichts recht machen zu können. Erik war völlig durch den Wind. Dabei sollte er das gar nicht sein. Kevin war ein Kumpel, nicht mehr und nicht weniger. Da hatten Gefühle einfach keinen Platz.

"Nein?", kam es leise über Eriks Lippen. Verwundert zog er eine Augenbraue in die Höhe und drehte sich zu Kevin um, der wohl nicht so ganz zu wissen schien, wie er diese Aussage nun begründen sollte. Denn so sehr sich Erik eine Ausführung gewünscht hätte, so schnell brach Kevin diese ab und verwies auf das Abendessen. Erik seufzte schwer, als der andere an ihm vorbeiging. So leicht konnten sie das aber nicht auf sich beruhen lassen. Denn Erik hatte angenommen, dass Kevin die Nacht mittlerweile am liebsten ungeschehen machen würde. Aber nun zu hören, dass dem nicht so war, dass er es noch nicht einmal bereute, das - das warf Zweifel und unterschwellige Hoffnung auf. Hoffnung, die Erik sich nicht machen durfte, weil sie ihm das Genick brechen würde.
Er folgte Kevin in den Speisesaal und setzte sich zusammen mit ihm an den Tisch von Leo und Moritz, die lauthals am Diskutieren waren. Erik vermisste Jonas, seinen besten Freund, der dieses Mal nicht hatte mitkommen können, weil er mit Magen-Darm-Grippe flach lag. So richtigen Appetit hatte er nicht. Zudem wanderte sein Blick mehrfach zu Kevin. Und jedes Mal schlug Eriks Herz schneller.
"Wir haben uns überlegt, später noch eine Runde zu zocken? Kommt ihr vorbei?", fragte Mo und sah von Kevin zu Erik, der damit beschäftigt war, die Möhren von der einen Seite des Tellers zum anderen zu schieben. "Ähm... ich schau mal, okay? Ich wollte noch nach Hause telefonieren und bin recht müde", sagte Erik und trank einen Schluck seines Wassers. Eigentlich würde er lieber noch mal mit Kevin sprechen und ihn fragen, was das zu bedeuten hatte, wieso er es nicht bereute. Das ließ ihm einfach keine Ruhe.

Er hatte Eriks leises "Nein" durchaus gehört, aber er konnte grade nicht drauf antworten, floh lieber vor der Situation, der Konfrontation. Wie immer. Darin war er gut.
Den Weg in den Speisesaal über schwieg er. Es war einfach besser für ihn selbst. Auch, als er Erik gegenüber, mit Leo und Moritz an einem Tisch saß schwieg er die meißte Zeit, sah eher in sein Essen oder starrte in Eriks Wasserglas.
Er wollte am liebsten den ganzen Abend an diesem Tisch sitzenbleiben, um dem Gespräch mit Erik ausweichen zu können. Er wollte nicht mit ihm reden. Weil er doch mehr Angsthase war, als er zugeben konnte und wollte.
Er spürte, dass Erik ihn ab und zu ansah und jedes Mal, wenn er dann kurz hoch sah jagten Eriks Augen ihm einen Schauer über den Rücken. Welche Farbe hatten sie? Blau? Grün? Grau? Nein, von allem ein bisschen.
Kevin war bei weitem kein Kostverächter. Und vor allem das Essen bei der Nationalmannschaft schmeckte ihm ziemlich gut. Das, was er oder Basti in der Küche zustande brachten war das Wählen der Nummer des Lieferservices. Obwohl, Kevins Rührerei waren super. Und normale Frühstückseier konnte er auch kochen, auch wenn Erik das seine verschmäht hatte, als er... Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, weil Mo fragte, ob sie zum zocken vorbei kommen wollen würden. Er hing an Eriks Lippen, er fragte sich, gerade wonach diese Lippen schmecken würden. Er selbst rauchte nicht mehr so viel wie früher, aber fragte sich im selben Atemzug, wonach seine Küsse schmecken würden.
"Ich komme nachher vorbei, denke ich." sagte er, ohne zu erklären was er vorher zu tun hatte. "Ach musst du mal wieder deine Betthäschen beruhigen?" fragte Moritz und lachte. Kevin stieg in das Lachen mit ein, auch wenn es ihm schwer fiel, er war einen Seitenblick auf Erik. "So in der Art." sagte er und rausperte sich. Gott sei dank widmeten Leo und Moritz sich wieder ihrer Abendplanung, luden noch ein paar andere Teamkameraden ein und schenkten Erik und ihm kaum, oder wenig Beachtung.
Nachdem das Essen vom Trainerstab für beendet erklärt worden war räusperte Kevin sich leise und tippte Erik an, beugte sich vorsichtig zu ihm. "Treffen uns gleich oben, ja?!" wisperte er Erik zu, als er aufstand um sein Geschirr wegzuräumen. "Bis später Jungs." verabschiedete sich mit einem Klopfen auf dem Tisch, räumte seinen Platz und ging mit schnellen Schritten in Richtung des Zimmers. Moritz sah ihm einen Augenblick hinterher und Leo sah Erik an. "Was ist den mit dem los?" fragte er und tippte dann auf seinem Handy herum. "Ich mein... grade bei Fifa ist er doch immer sofort Feuer und Flamme und will und beweisen wie gut die Eintracht doch ist." sagte er und lachte ein wenig verächtlich.

Erik umfasste die Gabel in seiner Hand fester, als Kevin mit in Mos Lachen einstieg. Betthäschen - das war er also. Nur irgendjemand unter vielen von Kevins Bettgeschichten. Vermutlich würde sich der Keeper noch nicht einmal mehr an seinen Namen erinnern können, wenn sie nicht befreundet wären. Es kostete Erik vedammt viel Selbstbeherrschung einen unbeteiligten Gesichtsausdruck zu bewahren. Er wollte sich hier nicht die Blöße geben und durchblicken lassen, dass diese eine Nacht für ihn schon Bedeutung gehabt hatte. Für Kevin hingegen war er nur jemand, mit dem er seinen Spaß gehabt hatte. Einmal und nie wieder. Und dennoch drängte sich Erik die Frage auf, warum der andere dann nicht bereute, dass sie zusammen im Bett gelandet waren. Warum sagte er so etwas? Um ihn zu beschwichtigen? Erik presste die Lippen zusammen. Wahrscheinlich hatte Kevin sich in den drei vergangenen Wochen noch durch mehr Betten gevögelt. Und im Grunde sollte es ihm egal sein. Kevin war ein Macho, irgendwie, aber er hatte seine guten Seite und Erik mochte ihn.
Er war froh, als das Essen zu Ende war. Kevin tippte ihn an, woraufhin Erik zu dem anderen sah, der sich zu ihm lehnte. Erik wurde sofort wieder nervös. Kevins Aftershave stieg ihm in die Nase. Er mochte den Geruch. "Okay", erwiderte er nur und sah dem anderen nach, als dieser verschwand. Gerade als er aufstehen wollte, sprach ihn Leo an. Erik zuckte mit den Schultern. "Ich hab keine Ahnung." "Vermutlich hat er echt Stress mit einem seiner Betthäschen", grinste Marco. "Die will wahrscheinlich mehr von ihm, aber er nicht von ihr und jetzt nervt sie ihn, weil sie es nicht versteht." Leo seufzte. "Ich weiß da echt nie, wer mir mehr leid tun soll. Kevin oder die arme Frau, die sich Hoffnungen bei ihm gemacht hat." Erik presste ein Lächeln hervor und verabschiedete sich mit einem knappen "Bis vielleicht später" von den Jungs, die ihm fragend hinterher sahen, was Erik aber auch so ziemlich egal war. Aber das wollte er sich nun wirklich nicht länger anhören.
Er nahm die Treppen und ging schnellen Schrittes zum Zimmer. Er wollte jetzt endlich wissen, was Sache war. So ging es nicht mehr weiter! An der Tür angekommen, schloss er auf und trat ins Zimmer. Kevin saß auf seinem Bett und tippte auf seinem Handy herum. Das weiche Licht des Displays erhellte Kevins Gesicht und ließ es nahezu so aussehen, als würde es leuchten. Ein Anblick, der Erik faszinierte und der ihn berührte. Warum musste Kevin auch nur so gut aussehen? Und wieso wollte Erik gerade nichts anderes tun, als den anderen in seine Arme zu ziehen und zu küssen? Er sehnte sich nach Kevins Nähe, seinen Lippen, seinen Blicken, die ihm unter die Haut gegangen waren, und seinen Berührungen. Eine Erkenntnis, die ihn wie angewurzelt stehen bleiben ließ. Er hatte mittlerweile akzeptiert, dass er Gefühle für den anderen hatte, aber dass diese ein solches Ausmaß bereits angenommen hatten, war ihm nicht klar gewesen.
"Dann lass uns doch mal reden", fing er an und irgendwie klangen diese Worte selbst in seinen Ohren provozierend. "Fangen wir doch am besten mal damit an, dass du einem deiner Betthäschen erklärst, warum du die gemeinsame Nacht nicht bereust, obwohl dieses Betthäschen, der erste Mann gewesen ist, mit dem du geschlafen hast. Auf diese Erklärung bin ich nämlich echt sehr gespannt." Sein Blick bohrte sich regelrecht in den von Kevin. Die unterschwellige Enttäuschung und Wut waren aus seiner Stimme leider nicht mehr länger herauszuhalten. Er wollte nicht eine Bettgeschichte von vielen sein, nur jemand, mit dem Kevin seinen Spaß gehabt hatte. Er wollte mehr sein. Viel mehr.

Er war gerade dabei eine SMS an Basti zu tippen. Erik kam rein und er hob seinen Kopf. Er blinzelte Erik an, der wie festgewachsen stehen geblieben war. Er musterte Erik einen Augenblick zu lange. Er schloss kurz seine Augen, sagte dann leise „Jap“ und packte sein Handy weg, ohne die SMS abgeschickt zu haben. Er zog eine Augenbraue hoch, weil Eriks Stimmlage ihm ganz und gar nicht gefiel. Erik war die reine Provokation, wie er das alles sagte.
Kevin zog seine Augenbrauen zusammen und kniff seine Augen ein bisschen zusammen. „Ist das dein Ernst?“ fragte er und stand von seinem Bett auf. Was dachte Erik sich eigentlich? Das er ihn hier so anpampen konnte und er sich das Gefallen ließ?
„Also erst Mal bin ich nicht mit dir zusammen und ich glaube nicht, dass ich dir auch nur die kleinste Erklärung schulde.“ stellte er fest und verschränkte seine Arme vor seiner Brust, wie immer, wenn er irgendwie sauer war. Denn das war er. Unwillkürlich wütend und sauer auf Erik. Es störte ihn, dass er solche Gefühle in ihm hervor rief.
„Außerdem kam das Betthäschen von Moritz, ich hab keine Bettgeschichten. Also gerade nicht.“ sagte er, etwas leiser.
Er ließ sich wieder aufs Bett sinken und atmete zwei Mal tief durch. „Erik tut mir leid.“ sagte er und hob seinen Blick. „Warum ich die gemeinsame Nacht nicht bereue? Warum sollte ich?!“ fragte er. „Ich erinnere mich an so gut wie nichts, aber so schlimm kann es nicht gewesen sein.“ sagte er, inzwischen wieder etwas abgekühlt. „Ich meine... immerhin redest du noch mit mir.“ fügte er hinzu und verdrehte selbst die Augen über seinen schlechten Witz.