Alles vorbei?

Er musste nicht lange warten, Mats schien sich beeilt zu haben.
"Du siehst abgehetzt aus"; gab er leise zurück, nachdem er den kurzen Kuss erwidert hatte.
Sie schnallten sich an und Benni fuhr los. Erst nach Dortmund zum Trainingsgelände, um Mats dort abzusetzen.

Augenblicklich legte Mats seine Hand auf Bennis Bein. 
"Ich hab mich beeilt", erklärte er. 
"Beinahe hätte ich auch mit der Treppe Bekanntschaft gemacht, aber ist ja alles gut gegangen."
Lächelnd sah er seinen Freund an. 
Eigentlich hätten sie auch jeder selber fahren können. Aber so war es irgendwie schöner und Mats hatte sich schon viel zu sehr daran gewöhnt.

"Zum Glück ist dir nichts passiert", stellte Benni erleichtert fest und lächelte ganz leicht.
Die freie Hand schob er auf die von Mats, bis sie schließlich ankamen.
"Ich hol dich dann in der Pause ab", sagte er und zog Mats kurz in eine Umarmung. Hier sah sie ja eigentlich niemand und gerade konnte er nichts anders, drückte Mats noch unbemerkt für andere einen Kuss in die Halsbeuge.

Leicht strich er seinem Freund über das Bein, drehte seine Hand um und verschränkte ihre Finger miteinander, als Benni seine Hand auf seine legte. 
Mats konnte sich nicht helfen, aber er war es, der sich gerade Sorgen um Benni machte. 
Als sie schließlich am Trainingsgelände ankamen, konnte Mats sich noch so gerade zurückhalten, seinem Freund durch die Haare zu fahren. 
Aber er lächelte selig, als er Bennis Lippen kurz an seinem Hals spürte.
"Bis später", drückte Mats noch kurz die Hand seines Freundes und stieg dann aus, holte seine Tasche aus dem Kofferraum und verschwand im Gebäude des Trainingsgeländes.

Benni blieb noch kurz auf dem Parkplatz stehen und schaute Mats hinterher.
Der Tag heute war verdammt komisch. Die ganze Zeit hatte er die Gedanken über Mats im Kopf, seine Ängste waren einfach ständig präsent und er musste sich mehr als einmal über die Augen reiben.
Allerdings konnte es sich Benni nicht leisten schwach zu sein. Er musste ja für Mats da sein.
Ein bisschen fertig mit den Nerven kam er in Gelsenkirchen an und zog sich in der Kabine um.

(Ich bin mal so frei und schreib mal eben Ralf )

Schon fertig umgezogen saß Ralf in der Kabine und wartete auf Benni, der erst als einer der letzten auftauchte. 
Skeptisch und mit gerunzelter Stirn sah er seinen besten Freund an. Ralf scheuchte Jule, der neben Benni seinen Spind hatte, zur Seite und setzte sich auf seinen Platz. 
"Was ist passiert?", wollte er wissen, ließ die Begrüßung einfach mal weg.

(Darfst du )

"Dir auch einen schönen Tag", murmelte er und kramte seine Sachen aus der Tasche, fing an sich umzuziehen.
Benni zuckte nur mit den Schultern und rieb sich wieder über die Augen, zog sich das Trainingsshirt über den Kopf.
"Keine Ahnung", gab er als Antwort. Es war ja auch nicht wirklich was passiert. Die Stimmung war eben einfach nur von einer auf die andere Sekunde gekippt.

Ralf rollte mit den Augen. "Liebster Benedikt, ich wünsche dir auch einen wunderschönen guten Morgen."
Er rückte noch ein Stückchen näher an Benni heran, legte einen Arm um seine Schultern. 
"Weißt du, ich kenn dich schon eine ganze Weile und, wenn du so und fast zu spät zum Training kommst, dann ist irgendwas."
Fragend sah Ralf ihn an. "Du musst es mir auch nicht sagen. Ich will nur, dass du weißt, dass ich dir zuhöre und du mit mir reden kannst."

"Ich weiß doch selbst nicht, was passiert ist", sagte er jetzt. Sonst würde er doch mit Ralf reden.
"Es war auf einmal total komisch heute morgen und dann meine blöden sentimentalen Anfälle. Ich hab das Gefühl, mein Kopf platzt gleich, so viele Sachen schwirren da rum", sagte er leise, nachdem sie nur noch zu zweit in der Kabine waren und vergrub das Gesicht wieder in seinen Händen.

Entgegen seiner Vermutung fing Benni dann doch an zu reden. 
"Das ist doch völlig normal", erklärte Ralf. 
Er zog Benni an sich. "Mats ist deine große Liebe. Da ist doch klar, dass du Angst hast, ihn zu verlieren."
Ihm würde es sicher nicht anders gehen, wäre Henriette krank. 
"Genießt die Zeit, die ihr zusammen habt", riet Ralf. "Wenn du mit Mats über deine Gefühle und Gedanken nicht reden kannst,weil du ihn nicht noch mehr belasten willst, dann komm zu mir oder zu Andreas oder Johanna."
Er strich Benni über den Oberarm. 
Leider ging die Tür dann wieder auf und Jule spähte hinein. "Jens will wissen, wo ihr bleibt."
"Eine Minute noch", sah Ralf ihn eindringlich an, sodass der Jüngere sich wieder verzog.

Skeptisch schaute er Ralf an. Klar mag das vielleicht normal sein, das er Angst hatte, aber es war einfach ein richtig blödes Gefühl.
"Ich hätte nicht gedacht, das es so schlimm ist. Und wir sind so ganz am Anfang, die Chemo hat noch nicht mal angefangen und bis auf Müdigkeit und Kopfschmerzen ist alles gut", sagte er leise und zog Ralf kurz in eine Umarmung.
"Danke", gab er zurück und stand auf.
"Na, komm. Wir müssen raus", sagte er jetzt und zog Ralf hoch.
"Ich komm darauf zurück, wenn ich reden will", versprach er.

"Da nicht für", erwiderte Ralf die Umarmung und zwinkerte Benni zu. 
"Ich bin auf jeden Fall da, wenn du mich brauchst."
Er wollte, dass Benni das wusste. 
Bereitwillig ließ Ralf sich hochziehen. "Dann wollen wir mal wieder ordentlich trainieren, damit wir das nächste Spiel gewinnen." Gemeinsam traten sie nach draußen aufs Feld.

"Doch", gab er zurück. Er war froh, Ralf als Freund zu haben. Wenn man reden wollte, dann war er da und wenn man nicht wollte, war er auch da. Aber Ralf zwang ihn nie dazu, zu reden.
"Nach dem Derby müssen wir das wirklich", seufzte Benni und ging mit ihm raus auf den Platz, wo Jens sie schon anschaute, mit einem Blick, der ihnen deutlich sagte, sie sollten beim nächsten Mal lieber nicht zu spät kommen.

Geschafft ließ sich Mats auf dem Rasen nieder, griff neben sich nach einer Flasche Wasser. 
Das Training war zwar anstrengend gewesen, hatte aber auch gut getan.
Gierig trank er einige Schlucke, bis Marcel auf ihn zukam. 
"Warst richtig gut drauf heute", ließ sich der Blonde neben ihn fallen und stupste ihm in die Seite. 
Mats grinste seinen Kumpel einfach nur an und drehte dann die Flasche zu. 
"Hast du Lust morgen Abend vorbei zu kommen?", fragte er ihn schließlich.

Benni verschwand sofort unter die Dusche. Nachdem er sich angezogen hatte und sich von allen verabschiedet hatte, fuhr er nach Dortmund. Die Jungs hatten schon wieder gefragt, ob er mit zum Essen gehen würde, allerdings sagte Benni wie sooft ab.


Marcel hatte sich nach dem Training zu Mats gesetzt. Und im Gegensatz zu dem letzten Training wirkte sein Kumpel heute richtig motiviert und voller Elan.
"Klar gerne. Warum nicht. Du hast in letzter Zeit echt wenig Zeit", sagte der ehemalige Magdeburger. Das war einfach eine Tatsache. Aber er nahm es Mats nicht übel, der hatte wahrscheinlich gerade zu viel mit den Ärzten zu klären und hatte keinen Kopf, sich noch ständig zu treffen und etwas zu unternehmen.

"Super", freute sich Mats, verzog dann aber das Gesicht. "Ja, tut mir leid."
Er kratzte sich am Hinterkopf, ehe er sich wieder hoch hievte und Marcel eine Hand hinhielt. 
"Ich wollte auch noch Neven und Sven einladen. Und Benni dann halt auch noch drei seiner Jungs."
Mats war sich gerade nicht mehr sicher, ob sie Marcel vor zwei Tagen von ihrem Plan erzählt hatten.
Gemeinsam gingen sie schließlich in die Kabine. So, wie Mats seinen Freund kannte, war er schon längst wieder auf dem Weg zu ihm.

"Mach dir keine Gedanke, das ist schon in Ordnung. Du hast genug um die Ohren und willst ja auch Zeit mit Benni verbringen", winkte er schnell wieder ab. Das war schon okay so, er war Mats nicht böse.
"Wird das dann ein Outing", fragte er leise nach und sah Mats fragend an. Er hätte ja nicht gedacht, das sein Kumpel das machte.

Mats nickte erleichtert. Er war froh, dass er solche Freunde hatte, die ihm nicht böse waren, weil er in letzter Zeit wirklich nur wenig mit ihnen unternahm.
Okay, sie hatten ihn also nicht eingeweiht. 
"Ja, ein kleines", gab er zu.
"Gerade jetzt wird uns das schon helfen, denk ich."
Mats schälte sich aus seinen Klamotten und schnappte sich sein Handtuch. 
In den Duschräumen trafen sie dann auch auf Neven und Sven.
Als er die beiden ebenfalls einlud, sah Sven ihn nur verdutzt an, während der Serbe nur wissend grinste.

Benni war mittlerweile auf Trainingsgelände angekommen. Der Platz war leer, er blieb also im Auto sitzen und wartete auf Mats.
Der war bestimmt schon unter der Dusche, sonst säße er noch hier draußen.
Benni freute sich auf Mats, er wollte ihn jetzt einfach sehen und fest halten.

Beide stimmten zu, zu kommen. Marco ließ er dann doch lieber außen vor. Vielleicht würde Mats ihn aber noch später einweihen. Möglicherweise wussten die anderen Jungs in der Richtung ja was. 
"Bis später vielleicht", verabschiedete sich Mats von den anderen, die noch in der Kabine waren, und ging dann nach draußen, wo Benni schon auf dem Parkplatz auf ihn wartete. 
Mats schmiss seine Tasche nur auf die Rückbank und stieg dann vorne ein. "Hey", lächelte er seinen Freund an, zog ihn in eine Umarmung und drückte kurz seine Hand.

Benni lächelte, als er Mats sah, der aus der Kabine kam und die Tasche verstaute. Schon saß sein Freund neben ihm.
"Hey", lächelte er und drückte Mats an sich, streichelte ihm über die Hand.
"Hab dich vermisst", gibt er zu und fährt vom Gelände in Richtung Krankenkaus.

"Ich dich auch", murmelte Mats.
Schnell schnallte er sich an und sah dann einmal kurz prüfend zu seinem Freund. Aber seine Laune schien sich dann doch etwas gebessert zu haben. 
"Neven, Marcel und Sven kommen morgen. Sven hat ein bisschen dumm aus der Wäsche geschaut, weil er so gar keinen Plan hatte", erzählte Mats schmunzelnd und lehnte sich dann richtig in seinen Sitz.

Mats schaute ihn an. Er spürte dessen Blick auf sich. Allerdings hatte es was gebracht, das er mit Ralf geredet hatte.
"Der Arme, aber er erfährt es ja dann nachher", lächelte Benni. Und so wie Mats erzählt hatte, war Sven ziemlich locker drauf.
"Ich rede nachher mit ihnen, hatte noch keine Zeit", versprach Benni.

"Morgen", zwinkerte Mats.
"Aber ich wette, bis dahin geht er Marcel und Neven auf die Nerven. Und sollte ich auch zum zweiten Training gehen, dann mir auch. Er hasst es, wenn er als einziger nicht weiß, was los ist."
Mats drehte den Kopf zur Seite und sah aus dem Fenster. Es zog sich gerade etwas zu. Hoffentlich blieb der Regen aus. Gestern war so ein schöner Tag gewesen...

"Oh, stimmt", murmelte Benni. Dann war er mit seinen Gedanken wohl dich nicht so ganz da wie vermutet. Aber das schien Mats zum Glück nicht zu merken.
"Hat er gemerkt, das er der einzige ist, der nichts weiß", fragte Benni erstaunt nach. Dann sollte Mats wohl lieber nicht zum Training. Die bisherigen Gespräche und die anstehenden reichten Benni für die nächsten Jahre als Outing.

"Neven hat sein wissendes Grinsen aufgesetzt. Das reicht, damit Sven ihn jetzt die ganze Zeit nervt."
Mats lachte. Wahrscheinlich tat er das jetzt gerade in der Mittagspause auch.
Er würde Neven später einfach mal fragen.
Sie fuhren gerade von der Autobahn runter, als einige Regentropfen gegen die Windschutzscheibe prasselten.
"Na toll", zog Mats einen Flunsch. "Jetzt regnet's."

"Solange er dich nicht nervt und Neven einfach noch dicht hält", schmunzelte Benni. Das passte zu dem Serben, aber gut, so war es eben.
"Wir sitzen doch sowieso drinnen", meinte Benni dann und fuhr kurze Zeit später auf den Parkplatz. Solange es heute Mittag beim Training nicht regnete.

"Tut Neven ja schon seit Ewigkeiten. Da wird er das den einen Tag auch noch aushalten."
Nachdem Benni geparkt hatte, blieb Mats noch sitzen und drehte sich zu seinem Freund.
"Trotzdem", murmelte er, griff nach Bennis Hand und drückte sie kurz.
"Sonne ist viel toller." Mats war eben der Sommer-Typ. Da war es egal, ob er drinnen saß, wenn es draußen regnete. Außerdemsah es dann immer so aus, als würde der Himmel weinen.

"Hast recht", gab er zu. Neven konnte man vertrauen, das wussten sie ja.
"Du bist noch toller als die Sonne", schmunzelte Benni und strich leicht über Mats Arm.
"Aber wir müssen trotzdem aussteigen, egal wie sehr zu versuchst, Zeit zu schinden", sagte Benni eindringlich und schaute Mats lieb an. Er konnte sich die Absichten des anderen schon denken, aber die Termine hier waren einfach nicht aufzuschieben.

Ein ehrliches Lächeln schob sich auf Mats' Lippen. Erneut drückte er die Hand seines Freundes.
"Danke." Bennis Komplimente waren schon immer sehr süß gewesen.
"Ja, ich weiß. Aber einen winzigen Moment noch." Schnell sah Mats sich um. Aber bei dem Regen schien eh niemand draußen rumzulaufen.
Deswegen lehnte sich Mats schnell zu Benni und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Vorher würde er nicht da rein gehen.