Park

"Ist schon gut", lächelte er, "Ich bin aber für dich da." Er seufzte tief und sah Mats endlich wieder richtig an.
"Ich bin... damals gewechselt wegen einem Typ... ich war total verliebt aber... ich... das... das ging nicht. Wir waren richtig gut befreundet und... es ging einfach nicht." Er sah Mats abwartend an. Mats schien ja selbst schwul zu sein, da sollte er nicht so empfindlich auf das Outing reagieren.
"Ich bin absolut nicht glücklich mit der Situation, aber es ging nicht anders. Ich hab es nicht ausgehalten. Also verstehe ich dich mit deinem Liebeskummer!"

"Danke." Mats hatte das Gefühl, dass er sich wiederholte. Aber er war Mario wirklich dankbar. Auch dass er ihn nicht drängte und neugierig nachfragte.
Als Mario dann aber erzählte, was los war, blieb Mats stehen. Wow, das hatte er nicht erwartet.
"Hat er gewusst, was du für ihn empfindest?", fragte Mats nach.
Mario musste natürlich nicht darauf antworten, wenn er nicht wollte.

"Kein problem", lächelte er.
"Nein", antwortete er ein wenig gequält. "Er ist sicher nicht schwul. Ich wollte unsere Freundschaft nicht zerstören. Heteros sind ja meistens nicht so angetan von Schwulen. Aber die Freundschaft ist jetzt auch im Arsch."

Mats legte einen Arm um Marios Schulter. Sein Wechsel lag schon einige Jahre zurück, aber es schien ihn immer noch zu beschäftigen.
Als Mario aber erwähnte, dass die Freundschaft im Arsch war, fiel ihm wieder Marco ein.
"Es ist aber nicht Marco, oder?" Die Freundschaft zu ihm war ja scheinbar auch hinüber und Mario hatte gesagt, dass es kompliziert war. Da war es doch klar, dass Mats Parallelen zog.

Mario lehnte sich leicht an Mats und versteifte sich sofort. Natürlich, Mats war ja nicht doof.
"Ich... ja", murmelte er nur, "Wenn du es ihm sagst, bringe ich dich eigenhändig um." Er ließ seine Hände in seinen Taschen verschwinden und schloss die Hand um die kleine Dose mit seinen Tabletten. Es gab ihm das bisschen Sicherheit, dass er brauchte.

Als er merkte, wie Mario sich versteifte, wusste Mats, dass er recht hatte.
"Keine Sorge, ich halt die Klappe", versprach Mats. Und im Gegensatz zu manch anderen würde er sich daran halten.
Aber erstmal zog er Mario in eine richtige Umarmung. "Dann schleppst du das schon eine ganze Weile mit dir rum, hm?"
Das war ja schlimmer als bei ihm und Mats fühlte sich schon hundeelend.

Mario ließ gerne in den Arm nehmen, vergrub das Gesicht an dessen Schulter.
"Ja", nuschelte er. "Mats, versuch über den Typen drüber zu kommen, man geht vollkommen daran kaputt", murmelte er, "Ich hab alles verloren."

Mats legte eine Hand in Marios Nacken, strich über die Haut, um ihn etwas zu beruhigen.
Allerdings war er nun derjenige, der stocksteif da stand, als der Jüngere weiter sprach.
"Woher...?", fragend sah er Mario an, nachdem er dich etwas von ihm gelöst hatte.
Mats hatte sich doch nie wirklich auffällig verhalten oder hatte er plötzlich 'schwul' auf der Stirn stehen?
Dann zog er Mario aber wieder in seine Arme. "Bist du...immer noch in ihn verliebt?"

Mario entspannte sich wieder ein wenig. Wenigstens jemand, der ihm nicht vorlebte, wie toll es war, verliebt zu sein.
"Wer soll dir denn sonst hier das Herz brechen, außer einem Kerl. Jasmina ist mit Max verabredet. Sind hier sonst noch Mädchen? Wenn es ein Mädchen war, tut es mir leid." Er zuckte mit den Schultern. So genau hatte er sich nciht umgeschaut...
"Hmm, nein", murmelte er, "Aber mittlerweile ist es auch zu spät."

Jetzt brauchte es Mats sowieso nicht mehr leugnen. Natürlich konnte ihm auch jemand übers Telefon oder sonst wie das Herz gebrochen haben. Aber das war jetzt auch egal. "Nein, du hast schon recht", gab Mats also zu.
Allerdings würde er nicht sagen, um wen es ging.
"Aber dich nimmt es immer noch mit", stellte er überflüssigerweise fest. Das wiederum brauchte Mario nicht leugnen.

Mario nickte nur. "Ist ja nichts schlimmes", meinte er noch.
"Es hat mein Leben zerstört", gab er zu. "Deswegen will ich nicht, dass du den gleichen Fehler machst. Ich hab meinen besten Freund verloren, die Dortmunder hassen mich, ich hasse Pep und meine Eltern sind gegen Homosexuelle, den kann ich auch nichts sagen. Und seid ein paar Monaten, gibt mein Therapeut mir Tabletten. Ich will nicht, dass du das auch machen musst!"

Geschockt hörte Mats zu und drückte Mario noch fester an sich.
"Ach, Scheiße Mario", seufzte er.
"Wieso hast du nie was gesagt? Ich hätte dir doch geholfen, du hättest dich bei mir ausheulen können."
Das tat ihm alles so leid, dass es soweit gekommen war, dass Mario sogar Tabletten nehmen musste.
Wenn Mario wüsste, dass Marco ebenfalls auf Männer stand und er rein theoretisch eine Chance gehabt hätte, würde es ihm den Boden unter den Füßen wegziehen. Deswegen hielt Mats diesbezüglich auch schön die Klappe.

"und dann?", seufzte er, "Das macht Marco auch nicht schwul, geschweige denn in mich verliebt." So war es nun mal. Er hatte es sich selbst zuzuschreiben. Er lehnte sich lieber an Mats.
"Ich kann nicht mal mehr zurückkommen, ich werde nur ausgepfiffen."

"Das vielleicht nicht...aber du hättest jemanden zum Reden gehabt", erklärte Mats leise, strich Mario über den Rücken.
Er biss sich auf die Lippe. Marco war schwul, verdammt. Aber er konnte es Mario nicht sagen.
"Willst du denn zurückkommen?"
Es wäre toll, Mario wieder in ihrer Mannschaft zu haben. Aber es würde auf jeden Fall schwer für ihn werden.
Aber vermutlich würde es Mario nicht mal überstehen. Zumindest nicht, wenn es ihm so ging wie jetzt.

"Hmm, ja", murmelte er, "Aber weißt du, ich habe es doch toll geschafft, dich abzulenken, oder?" Er sollte immer alles positiv sehen, sagte sein Therapeut. Sehen sie, kann ich, dachte er.
"Was ist denn?", fragte er als Mats sich auf die Lippe biss.
"Hmm, ja eigentlich gerne. Ich vermisse das alles. Aber naja..." Es war wieder eine Belastung, er wusste nicht, ob er das schaffte.

"Schon, aber jetzt mach ich mir Sorgen um dich" strich Mats sich seufzend durch die Haare.
"Nichts, schon okay." Mats schüttelte den Kopf. "Wollen wir uns wieder irgendwo hinsetzen? Da vorn auf die Bank?", schlug er vor.
"Ich könnte dir jetzt sagen, dass du nicht auf die Fans hören sollst. Aber dass das nicht geht, weiß ich."
Gerade die Fans im Ruhrpott waren da extrem. Besonders wenn er daran dachte, wie Marios kleiner Bruder in der Schule fertig gemacht wurde, als rausgekommen war, dass Mario zu Bayern wechseln würde.

"Solange du nicht mehr das Gras ausrupfst, hat es doch ein wenig was gebracht", lächelte er traurig. "Danke, Mats", seufzte er. Mario ließ sich auf die Bank lotsen und sah ihn skeptisch an. "So, was ist, was du mir nicht sagen willst?"
"Das ist wirklich kompliziert. Ich warte die WM ab, mal sehen was danach ist. Wer weiß schon, ob ich nicht irgendein wichtiges Tor schieße, dann ist die Nation nicht ganz so mies gelaunt..."

"Och Mensch", erwiderte Mats, als er Marios trauriges Lächeln sah.
Auf der Bank zog er den Jüngeren in seine Arme. "Ist doch klar", zwinkerte Mats. Sie waren Freunde, da war man für den anderen da.
"Ich will schon, aber ich kann nicht. Das wäre nicht fair." Entschuldigend sah er Mario an. Hoffentlich verstand er das. Mats wollte nicht denselben Fehler machen wie Marco.
"Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn du wieder bei uns wärst", lächelte Mats.

Mario lehnte sich wieder an ihn und schloss kurz die Augen. "Es... tut trotzdem gut", murmelte er.
Er nickte nur verständnisvoll. "ok", murmelte er.
"Ich mich auch", grinste er nun ein wenig verrutscht. "Weißt du was?"

"Du kannst immer zu mir kommen, wenn irgendwas ist, okay?" Jetzt besonders, wo Mats wusste, was los war.
Er war dann doch relativ erleichtert, dass Mario da nicht weiter nachbohrte. Es wäre Marco gegenüber wirklich nicht fair, wobei es ihn schon ein bisschen wunderte, dass Mario nicht wusste, dass Marco schwul war.
"Hau raus", lächelte er Mario an.

"Mache ich", versprach er. Er lehnte stumm an Mats und war selbst ein wenig erleichtert. Es tat doch gut, nicht immer Friede Freude Eierkuchen zu machen.
"Ich habe ein hübsches Loft in Dortmund", lächelte er. "Ich hab es mal im Internet gesehen. Es ist ein wenig Heimatgefühl..."

"Gut", strich Mats Mario über den Oberarm.
"Echt?", fragte er dann erstaunt nach.
"Cool, wo denn? Wenn du das nächste Mal da bist, dann sag mir Bescheid und wir unternehmen was."
Egal, ob Mario zurückwechselte oder nicht.

"Direkt in der Innenstadt mit Blick aufs U", grinste er.
Er lachte leise. "Ich war noch gar nicht da", grinste er. "ich hab nur Fotos gesehen. Aber ich hab mich einfach verliebt. Aber jetzt komme ich doch mal öfter vorbei!"

"Ach, krass. Nicht schlecht, Herr Götze", lachte Mats.
"Du kaufst Wohnungen ohne sie vorher gesehen zu haben?"
Mutig, mutig, wie er fand.
"Wenn ich darf würde ich sie mir mal gerne ansehen. Was hältst du davon, wenn wir zusammen nach der WM erstmal nach Dortmund fahren und vielleicht zwei, drei Tage einfach was schönes machen? Also wenn das mit deiner Urlaubsplanung passt natürlich."

"Ja, ziemlich blöd, was? Mein Berater hat sie sich aber angesehen. Sie wird meine Residenz, wenn ich aufgehört habe." Er liebte die Wohnung einfach.
"Urlaub?", grinste er, "Ich fahre nicht in den Urlaub, ich nehme starke Tabletten, ich darf nicht einfach durch die Weltgeschichte reisen ohne ärztliche Aufsicht. Aber in Dortmund Urlaub mache ich gerne."

"Du denkst doch jetzt wohl noch nicht ans Aufhören?!", fragte Mats ungläubig und zog seine Augenbrauen hoch.
"Du bist gerade mal 26." Im Gegensatz zu ihm, der bald eine 3 vorne haben würde.
Mats schluckte. Das hörte sich wirklich nicht gut an. "Dann lass uns das doch machen", lächelte Mats ihn an.

"Nein, aber ich wusste sofort, dass ich dort sterben will", grinste er. Außerdem war dort noch ein Zimmer, falls er wirklich eine Adoption durchbekam.
"Danke, ich weiß wie alt ich bin", grinste er. Er hatte gerade ein kleines Hoch. Das war das Gute an einer Depression. Man merkte sofort, wenn es einem gut ging.
"Fährst du in den Urlaub?"

Mats war ein bisschen unwohl, als Mario vom Sterben sprach. Aber er versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
"Gut", tat Mats erleichtert. "Ich war mir nicht mehr sicher, ob du in Mathe so fit bist", grinste er.
"Ich hab nicht wirklich was geplant. Wir wissen ja nicht, wie weit wir kommen. Aber sonst wollte ich meinen Bruder fragen, ob er nicht wieder mit mir wegfahren will."

"Du siehst aus, als hättest du in eine Zitrone gebissen. Sterben ist doch was normales", stellte er fest. Vielleicht war es anders, wenn man es sich nie gewünscht hatte.
"Meinst du, ich hatte schon einen Kopfball zu viel?", grinste er.
"Wir gewinnen das Ding", stellte er euphorisch fest.

Mario durchschaute ihn sofort wieder, was Mats nur schief grinsen ließ. Er wusste darauf eh keine passende Antwort.
"Wer weiß?", zuckte Mats schmunzelnd mit den Schultern.
"Vielleicht haben die dich in München auch einer Gehirnwäsche unterzogen oder so." Man konnte ja nie wissen.
"Ja, das sagen wir alle zwei Jahre." Aber bisher hatte es noch nicht geklappt. "Dein Wort in Gottes Ohr."