Mats' Zimmer

Kopfschüttelnd legte Mats sein Handy auf den Nachttisch. Rieke war echt eine Marke, unglaublich. Aber er freute sich, dass sie in Berlin war und sie so wieder mal die Gelegenheit hatten, sich zu sehen.
Schließlich stand er auf und hievte seinen Koffer aufs Bett. Dann brauchte er sich beim Ausräumen zumindest nicht immer bücken.
Mehr oder weniger sorgfältig landeten seine Sachen im Schrank und die Kulturtasche im Bad.
Der leere Koffer fand seinen Platz in irgendeiner Ecke.
Zufrieden mit seinem Werk steckte Mats dann Handy und Schlüssel ein und machte sich auf den Weg nach unten. Mal schauen, wer noch so gekommen war und ob es schon irgendwelche Infos gab.

tbc: Lobby

cf: Terrasse

Wie im Rausch war Mats die Treppen hochgejagt, sodass er jetzt Seitenstechen hatte, als er die Tür zu seinem Zimmer aufschloss.
Mit Tränen in den Augen schmiss er sich aufs Bett, suchte schnell seinen iPod aus der Schublade und setzte sich die Kopfhörer auf.
Das Zimmer würde er heute sicher nicht mehr verlassen.
Er hatte doch gewusst, dass er die ganze Sache einfach hätte für sich behalten sollen.

cf: Terrasse

Marco blieb atemlos vor Mats' Tür stehen und starrte sie ausdruckslos an, bevor er gegen das Holz hämmerte. "MATS! Mach auf! Ich kann dir das erklären, bitte! Ich hab gute Nachrichten, komm schon! Lass mich rein!"

Mats zog sich die Decke bis zum Hals und drehte sich auf die Seite.
Als er es an der Tür klopfen hörte, drehte er die Musik einfach lauter.
"Lass mich in Ruhe!", rief er nur zurück.
Ihm war gerade egal, wer da vor der Tür stand. Aber vermutlich war es Marco. Bei ihm war es ihm gerade besonders egal.
Mats ging es beschissen. Deswegen wollte er weder jemanden sehen noch mit jemandem sprechen. Er würde einfach so lange hier liegen, bis keine Tränen mehr nachkamen.

"NEIN!" Marco trommelte weiterhin mit beiden Fäusten gegen die Tür und trat schließlich auch noch dagegen. "Ich schlage mir meinetwegen die Finger blutig, du lässt mich in dein scheiß Zimmer!", brüllte er gegen des Holz und raufte sich panisch die Haare. "BITTE, Mats! Bitte, ich will dir doch nur helfen!"

Mittlerweile war die Lautstärke auf Anschlag, dennoch konnte er das Trommeln gegen seine Tür noch hören.
Entnervt stand Mats deswegen doch auf. Dass ihm immer noch die Tränen liefen, war ihm gerade egal. Sollte Marco doch sehen, was er angerichtet hatte.
Die Kopfhörer schob er sich von den Ohren und riss die Tür auf.
"WAS?"

Marco drängte Mats hastig zur Seite, damit er immerhin im Zimmer war und nicht weggeschubst werden konnte. "Es tut mir leid, Mann!", rief er und knetete nervös seine Hände in seinem Schoß. "Ich hab ihm das eigentlich gar nicht gesagt, ich wollte nur ein paar Infos von ihm und irgendwie.. hat er eins und eins zusammengezählt! Mats, bitte... ich weiß, dass ich scheiße gebaut hab, aber du bist mir halt wichtig! Hör dir wenigstens an, was ich mit dem Handy aufgenommen hab, er LIEBT dich!"

Toll, dachte Mats, als Marco sich an ihm vorbei ins Zimmer drängte.
Kurz wischte er sich über die Augen, bevor er sich zu Marco um- und an die Tür lehnte.
"Hab ich nicht gesagt, du sollst dich einfach raushalten?" Das war doch eine ganz normale Bitte gewesen. Außerdem hatte Marco zugestimmt. Was sollte das also?
"Steck dir deine Aufnahme sonst wo hin. Wenn er mich lieben würde und auch wüsste, dass ich ihn liebe, würde er sich nicht an ter Stegen ran machen."
Mats ging an Marco vorbei und warf sich wieder aufs Bett. Dort kroch er sofort wieder unter die Decke.

"Ja, aber... ich wollte dir doch helfen, Mann...", nuschelte er und schob schmollend die Unterlippe vor. "Freust du dich denn nicht ein kleines Bisschen, dass er dich liebt? Schon mal daran gedacht, dass er genauso denkt wie du, dass eure Freundschaft um ist, weil du nicht mehr mit ihm redest? Und lass Marc da raus, der ist nicht schwul!" Er krabbelte hastig neben Mats und zog das Deckenbündel in seine Arme. "Mensch... er war doch genauso am Ende, wie du... er liebt dich wirklich! Gib ihm ne Chance! Glaubst du nicht, dass ich mir sonst nie solche Mühe geben würde? Ich meine, ich gebe hier meine Chance auf, mal wieder mit dir schlafen zu können! Für n Schlumpf!"

Mats hörte Marco zwar zu, sagte aber nichts. Glaubte er den Scheiß, den er da redete eigentlich selbst?
Wenn Benni ihn wirklich lieben würde, wäre er jetzt hier und stünde nicht unten bei ter Stegen, ob der nun schwul war oder nicht.
Mats blieb auch reglos, als Marco ihn in seine Arme zog.
Der letzte Satz, der da jedoch aus Marcos Mund kam, brachte wieder Bewegung in ihn.
"Ist das dein Ernst gerade?", fragte er fassungslos und setzte sich auf, löste sich somit aus Marcos Armen. "Du springst also nicht mit mir ins Bett, weil du Rücksicht auf Benni nimmst?! Wie großzügig von dir! Und jetzt raus!"

Marco runzelte verwirrt die Stirn und stöhnte genervt. "Nein! So habe ich das doch nicht gemeint, verdammt! Ich kümmer mich um euch beide, Mann Mats! Dreh mir nicht die Wörter im Mund um, du weißt, dass ich dich gern habe. Ich habe nur mit Benedikt geredet, weil ich dir helfen will!", redete er auf ihn ein und blieb ebenfalls auf dem Bett sitzen. "Bitte, hör es dir wenigstens an!"

Aber genau so hatte er es doch gesagt, dachte Mats entnervt.
"Trotzdem bist du mir dermaßen in den Rücken gefallen." Er ließ sich wieder ins Kissen sinken.
"Ich will gar nichts mehr hören. Geh jetzt einfach, bitte!"
Eindringlich sah er Marco an.
Mats wollte damit nur noch einfach abschließen.

"Ja, weiß ich doch. Ich bin ein Arschloch, aber ich will dir nur helfen!" Er schüttelte abwehrend den Kopf und zog sein Handy aus der Tasche. "Du hörst dir das jetzt an! Ich hab mir so Mühe gegeben, dass es etwas aus dem Ruder gelaufen ist, konnte ich doch nicht wissen!"

Mats drehte sich wieder auf die Seite. Er wusste ja, dass Marco stur war. Aber er hatte da jetzt wirklich keine Lust mehr drauf.
Also schob sich Mats einfach die Kopfhörer wieder auf die Ohren. Sollte Marco halt da sitzen bleiben. War ihm dann auch egal.

Marco raufte sich wütend die Haare und riss Mats die Kopfhörer von den Ohren. "Du hörst dir das jetzt an, verdammt!" 
"Wie will ich Gefühle denn abschätzen können. Ich kann nicht hellsehen, das hatten wir doch gerade. War! Dabei ist er mir so wichtig und ich will ihn nicht verlieren, aber das hab ich ja schon längst durch die blöde Situation. Aber das war so seltsam und komisch, dann diese Gefühle die in mir toben, dabei sind wir doch nur beste Freunde"... "Ich weiß echt nicht, was ich gerade alles für Mist verzapfe"
Marco grinste triumphierend und stupste Mats aufgeregt in die Seite. "Gleich kommt's!"
"Und wieso traust du dich nicht, mit ihm zu reden? Ich meine... wenn er jetzt zu dir kommen würde und dir sagen würde, dass er sich in dich verknallt hat, würdest du euch eine Chance geben?" ... "Was für einen Mist denn?"

"Ich würde noch mehr kaputt machen, als es schon ist. Das hab ich doch gerade gesagt. Außerdem weiß ich nicht, ob er überhaupt bi oder schwul ist" ... "Ich..hab ne Affär-"

Marco klickte hastig auf Stopp und knetete nervös die Hände in seinem Schoß. "Er liebt dich, Mats!"

Am liebsten würde Mats Marco eigenhändig vor die Tür setzen. Was zum Henker wollte er denn noch? Die Sache war komplett im Arsch, die Freundschaft zu Benni und die Aussich auf eventuell mehr sowieso.
Nachdem ihm die Kopfhörer von den Ohren gerissen wurden, hörte Mats dann doch zu. Vielleicht half es ja, damit Marco danach einfach die Fliege machen würde.
Aber eigentlich hörte er da nur den Beweis dafür, dass sie über ihn gesprochen hatten.
"Toll, das hör ich da nicht raus", brummte Mats.
Außerdem hatte er eine Affäre. Das hatte er wohl noch verstanden. Da war Marco ein bisschen zu langsam gewesen. Und wahrscheinlich hatte er die auch noch mit ter Stegen, obwohl Benni genau wusste, dass er ihn nicht leiden konnte.
"War's das dann jetzt?", sah Mats Marco auffordernd an. Er wollte endlich allein sein.

"Er hat es aber gesagt! Jetzt glaub mir doch mal!" Marco sah ihn verzweifelt an und legte sein Handy auf den Nachttisch. "Bitte, Mats... ich fühl mich doch schon scheiße genug und ich weiß auch, dass du jeden Grund hast, mich zu hassen, aber ich hab doch nur dein Bestes gewollt! Bitte schmeiß mich nicht raus... darf ich heute bei dir schlafen?"

Mats raufte sich die Haare.
"Du verstehst nicht, dass ich gerade einfach nur allein sein will, oder?"
Aber mittlerweile war es ihm auch egal. Sollte Marco halt hier rumhängen. Mats musste ja nicht mit ihm sprechen.
Deswegen setzte er sich auch wieder die Kopfhörer auf, drehte sich auf die Seite und zog sich die Bettdecke bis unter die Nase.

Marco öffnete perplex den Mund, bevor er diesen traurig wieder schloss. Er rang kurz mit der Fassung, bevor er ihm zögerlich einen Kuss auf die Wange gab. Schniefend stand er auf und schlurfte zu Mats' Sofa herüber, wo er es sich mit der Ersatzdecke aus dem Schrank halbwegs gemütlich machte und sich diese sofort über den Kopf zog. Er hatte ihm doch nur helfen wollen und ein bisschen Nachforschung betrieben... Wer bitte hätte ahnen können, dass Benedikt es so schnell herausfand?

Mats spürte den Kuss auf seiner Wange sehr wohl, allerdings blieb er einfach regungslos liegen.
Schließlich schloss er einfach die Augen. Die Musik half, damit er um sich herum erstmal alles vergessen konnte.

Marco hob hoffnungsvoll den Kopf an, wartete aber vergebens auf eine Reaktion. Traurig wickelte er sich in die Decke und schlurfte auf den Balkon, wo er sich auf einen der Stühle fallen ließ. Mats wollte ihn ja wohl sowieso nicht bei sich haben. Er unterdrückte tapfer die aufsteigenden Tränen und biss sich fest auf die Unterlippe, um nicht loszuheulen. Jetzt hatte er wahrscheinlich ihre Freundschaft in den Sand gesetzt.

Als Mats einen Luftzug spürte, öffnete er die Augen und sah sich um.
Marco war nicht mehr da. Allerdings sah er, wie die Gardine vor seinem Fenster wachelte, er konnte draußen auf dem Balkon eine Gestalt erkennen.
Hatte er doch gewusst, dass Marco nicht einfach so verschwinden würde.
Mats stellte seinen iPod ab und legte ihn gemeinsam mit den Kopfhörern auf den Nachttisch.
Schließlich schrieb er Jürgen schnell noch eine SMS, bevor er ebenfalls hinaus auf den Balkon trat, auf dem Marco in eine Decke gewickelt da stand. Wortlos lehnte Mats sich an das Geländer und sah hinaus in den Park.

Marco sah auf, als Mats ebenfalls nach draußen kam, bevor er traurig den Blick senkte. Er wollte etwas sagen, aber er traute sich einfach nicht, aus Angst, dass Mats wieder wütend werden würde. Was er ja verstand, allerdings verstand er nicht, dass Mats nicht einmal ein wenig dankbar war, dass er das für ihn herausgefunden hatte. Zögerlich trat er neben Mats, blieb aber weiterhin stumm, während er dem Blick des Dunkelhaarigen folgte und ebenfalls auf den Park hinaus schaute.

Mats konnte hören und spüren, dass Marco aufgestanden war und nun neben ihm stand.
Dennoch behielt er seinen Blick starr geradeaus gerichtet.
"Du weißt, dass sich das Vertrauen zwischen uns erst wieder entwickeln muss?", seufzte er.
Er konnte ja verstehen, dass Marco ihm nur hatte helfen wollen. Aber er hatte ihn doch eindringlich darum gebeten, es einfach für sich zu behalten.

"Ja... weiß ich", nuschelte er und seufzte. Gerade kam er sich wirklich so vor, als wäre er ein kleiner Junge, der sich jetzt eine Strafpredigt anhören musste. "Es tut mir doch auch leid, bitte versteh das!", seufzte er traurig. "Ich wollte nicht, dass er rausfindest, dass du es bist. Ich hab deinen Namen nie genannt, aber... ihr kriegt das hin. Wirklich!"

Mats nickte. Er konnte ja hören, wie sehr es ihm leid tat.
Den letzten Satz bezweifelte der Verteidiger zwar. Aber das war ja ohnehin nicht Marcos Schuld.
Schließlich drehte er sich zu Marco um und zog ihn einfach in seine Arme.
"Versprich mir nur, und diesmal wirklich, dass du dich jetzt da raushältst, ja?", bat Mats murmelnd.